Schreiber2, Jörg
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Huancarani 17.10.-04.11.2016
Villa Tunari, Chaparé: Nach einem aufregenden Ritt im Schlauchboot den Fluß hinunter, einem langen Bad im großen Swimmingpool, nutze ich die Zeit, den obligatorischen Bericht zu schreiben. Der einsetzende Tropenregen übertönt den lauten Zimmerventilator. Nachdem 30 m entfernt ein Blitz einschlägt gehen wir lieber ins Zimmer.
HUANCARANI: Nach der bemerkenswerten frühe Abreise des Kollegen, der den geplanten Einsatz nicht vollendete und sich schon nach einigen Tagen verdrückte, trafen wir, meine Frau
und ich, am Freitag auf eine verunsicherte Jungzahnärztin. Dies war unser dritte Einsatz in Südamerika. Wir hatten im perfekten Guadalupe und in Sucre und dem indigenen Tarabuco mit mobilen Einheiten gearbeitet.
Die praktisch unerfahrene Jungkollegin hatte in den vergangenen zwei Wochen die Aufgaben ganz alleine gemeistert und war über unser Eintreffen froh. Nach kurzer Eingewöhnungszeit konnten alle anfallenden Arbeiten problemlos durchgeführt werden. Wurzelbehandlung am oberen Molaren, Einsetzen eines längeren Stiftes (Rosenbohrer) mit Zementierung der alten Krone, die in die zu erweiternde alte partielle Stahlprothese eingearbeitet werden mußte, was dem Techniker sehr gut gelang. Füllungen, Entfernen von Zähnen und Wurzelresten und Abformung zur Prothesenherstellung war die tägliche Tätigkeit.
Auf Grund der großen Nachfrage nach Prothesen hatten wir den Techniker so mit Arbeit überhäuft, daß wir in unserer letzten Woche keine neuen Arbeiten annehmen konnten. Angesichts dieser Tatsache war die unerschütterliche gute Laune und Ausdauer des Technikers bemerkenswert. Der hohe Bedarf an Prothesen lässt die Frage nach einem zweiten Arbeitsplatz aufkommen.
Die Jungkollegin unterstützte mit ihrem guten Spanisch in der Kommunikation mit den Patienten die Arbeitsabläufe. Bald gelang es ihr, nach Trennung der einzelnen Wurzeln, Molaren zu entfernen. Vielleicht sollte sich jeder Kollege mal daran erinnern, wie sicher er sich kurz nach dem Examen am Patienten gefühlt hatte!
Der Andrang der Patienten war unterschiedlich. Mehrfach in der Woche hatten wir über 20 Patienten am Tag, bei denen im Durchschnitt 1-2 Füllungen und 1-2 Extraktionen pro Sitzung gemacht wurden. Abends kamen nur noch vereinzelt Patienten nach 17.30 Uhr, und deshalb würde ich vorschlagen, die Öffnungszeiten auf 18.00 Uhr zu begrenzen.
Das Essen war von Adela liebevoll zubereitet. Es könnte vielleicht etwas qualitativ reichhaltiger (Fleisch) gestaltet werden. Die Unterbringung und Arbeitsmöglichkeiten sind gut.
Zum Schluß noch ein Tipp für Bergfreunde: Nationalpark Sajama. Eine Tour vom Ort an den Geisieren vorbei zum Lago Alto, wobei für ein paar Meter die Grenze zu Chile überschritten wird (5.000 m), eine Wanderung zum Basiscamp des Sajama (4.900 m). Diese und andere interessante Unternehmungen lockern ein wenig die „Stille“ von Huancarani auf.
Joachim-Jörg Schreiber
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