Bregulla, Jana
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Bolivia movil, 13. August - 21. September 2018
Am 9. August ging es nach langer Vorbereitung endlich los. Wir vier Mädels, also Anna, Tini, Lena und ich flogen nach Bolivien. Nach zahlreichen Verspätungen wegen Unwettern und Sonstigem waren wir endlich in Santa Cruz. Dort angekommen brauchten wir erst mal was zu essen. Cinnabon schien uns mit seinen massiv großen Zimtschnecken angemessen. Der kurze Flug nach Sucre war dann optisch das erste Highlight, da man einen ersten tollen Blick auf die Berge erhaschen konnte. In Sucre angekommen, empfing uns Ekkehard: „Ihr seid aber ganz schön spät, ich warte bereits seit 3 Stunden“. In der Aufregung hatten wir vergessen ihm mitzuteilen, dass der Flug aus Santa Cruz eine Änderung erfahren hatte…. Naja war dann eh schon zu spät. Wir fuhren also mit dem Trufi in die Innenstadt und checkten ins "Corona Real" ein. Anna und ich belegten ein Doppelzimmer und wir teilten das Bad mit Lena und Tini. Dann ging es auch gleich los, uns wurde das HI gezeigt, der Ort, wo die Materialien lagern und die Küche, in der wir frühstücken würden. Da Ekkehard noch was zu erledigen hätte, gingen wir auf den Mercado Campesino und tranken dort einen fantastischen Saft bei einer der zahlreichen Saftdamen. Schon jetzt war ich ganz benommen von den neuen Eindrücken. Nach dem Abendessen waren wir auch wirklich sehr müde. Eigentlich hätten wir auch gleich schlafen gehen können, aber Ekkehard meinte, wir müssten bis mindestens 10 Uhr aufbleiben, um uns an die Zeitverschiebung zu gewöhnen. Gesagt, getan: um Punkt 22 Uhr gingen wir ins Bett. Und wer denkt, das hätte sich in den 6 Wochen Bolivien geändert, liegt falsch.
Am nächsten Tag ging es dann ans Sortieren der Materialien, Anna und ich waren Team 2, was beim Sortieren den Vorteil hatte, dass die Sachen aus Team 2 eigentlich alle schon gut geordnet waren, also danke an unsere Vorgänger. In der Mittagspause gab es dann das erste Problem mit vegetarischen Speisen für Tini. Auf die Frage, was es denn Vegetarisches zur Auswahl gäbe, kam prompt die Antwort: Aaaalso, wir hätten da Rinderherzen, das ist ja weder Carne noch Pollo. Also dann doch lieber nur Reis für Tini.. Wir anderen haben das komplette Menü genommen, was sehr lecker war, aber auch leider so viel, dass niemand die Portion, die aus Suppe und Nachspeise bestand, schaffte. Am Abend gingen wir dann in eine Churasqueria, die ganz hervorragendes Fleisch hatte, das portionsmässig wieder einmal alles übertraf. Das Stück Fleisch war fast doppelt so groß wie meine Hand. Dazu sollte man allerdings wissen, dass ich Handschuhe Größe XS trage.
Der 12.8 war Anna´s Geburtstag. Nach einem typisch bolivianischen Frühstück ging es für uns ab in die Stadt zum Sightseeing. Der Ausblick von der Ricoletta ist wirklich sehr schön, der Aufstieg allerdings anstrengend. Auf der Suche nach etwas Essbarem entdeckten wir das Q'away. Die nette Dame dort bereitet vegetarische Speisen allein zu. Das Beste ist jedoch die Lage des Restaurants: Man hat nämlich Zugang auf ein Kirchendach mitten im Zentrum Sucres und kann so die ganze Stadt von oben ansehen. Sonntags ist dann auch noch Andrea angereist, die Zahnärztin, die Lena´s und Tini´s Team komplettieren sollte. Wir verstanden uns alle sofort mit ihr!
Der Montag war dann besonders aufregend: Vom Edwin wurden Anna, Ekkehard und ich zu unsere Schule gebracht. Ekkehard hat bis Mittwoch mit uns zusammen behandelt, da Michi erst etwas später anreisen konnte. So bauten wir unsere Materialien im Abstellraum der Schule auf. Gleich darauf würden wir zum Appell gerufen. Die Kinder sangen die Nationalhymne und hießen uns willkommen. Gleich darauf kamen auch schon die ersten Patienten. Vormittags waren immer die grösseren Kinder da und nachmittags kamen die Grundschüler. Gleich am ersten Tag sahen wir Sachen, die wir so in der Uni noch nie gesehen hatten. Sehr viele Kinder hatten die Seitenzähne tief kariös zerstört, sodass eine Wurzelkanalbehandlung nötig wäre. Auch die Milchzähne waren in vielen Fällen komplett zerstört.
Und so versuchten wir in den nächsten zwei Wochen unser Bestes, um Schadensbegrenzung zu betreiben und retteten Zähne, die noch zu retten waren. Wir teilten uns so auf, dass mal ich und mal Anna die Limpiezas machte, und der jeweils Andere mit Michi zusammen behandelte. Die Behandlungen bestanden in vielen Fällen aus Fissurenfüllungen oder größeren Füllungen mit CP. Die Zähne, die nicht mehr zu füllen waren, zogen wir, wenn die Kinder sich keine Wurzelkanalbehandlung bei einem bolivianischen Zahnarzt leisten konnten. Besonders gefreut haben sich die Grundschüler auch über die Zahnbürsten, die sie nach den Zahnreinigungen bekamen.
Der erste Freitag war wegen einer Parade in der Stadt schulfrei, also nutzten wir die Gelegenheit und fuhren mit dem Nachtbus schon am Donnerstag nach Uyuni und machten von Freitag bis Samstag eine Tour durch die Salar. Das war ein ganz besonderes Erlebnis! Die Natur dort war wirklich wunderschön. Wir sahen neben der Salzwüste auch die Insel mit den Kakteen und zum erstenmal auch Alpakas. Die Lagunen mit den Flamingos am zweiten Tag waren ebenfalls ein Highlight.
Am letzten Tag in der Schule waren wir doch alle sehr traurig, da wir die Kinder ins Herz geschloßen hatten und wir würden unseren kleinen Fanclub sicher vermissen. Der Schulleiter versammelte wieder die ganze Schule und wir wurden herzlich verabschiedet und bekamen sogar ein selbst gebasteltes Geschenk und etwas zu essen. Leider mussten wir am Ende des Tages doch länger auf Edwin warten als erwartet, er lebt nämlich nicht nach den deutschen Zeitregeln, sodass wir vom Schulleiter zu HI gefahren wurden.Das Wochenende verbrachten wir in Sucre und schauten uns die UNESCO-Weltkulturerbe-Stadt noch mal genauer an.
Sonntag nachmittag fuhren wir dann mit Edwin in das ca. zwei Stunden entfernte Dorf Sarufaya, das nur über eine lange Schotterpiste zu erreichen ist. In Sarufaya sollten wir die nächsten vier Wochen in der örtlichen Schule arbeiten, in der auch ein Internat ist, wo wir verpflegt werden sollten. Dort angekommen wurden wir mit einem köstlichen selbstgebackenen Brot von Rocio, der Internatsleitung empfangen. Unsere Unterkunft im Dorf war sehr einfach, wir teilten uns zu dritt ein kleines Zimmer, in das gerade mal unsere Sachen und die Betten passten. Das Bad war draußen und wir teilten es uns mit einer Lehrerin und ihrem Sohn.
Nachdem wir am Montag unsere Materialien in der Posta aufgebaut hatten, wurden wir zur Begrüßung des Schulleiters gerufen. Wieder war die ganze Schule mit den Dorfbewohnern versammelt. Ausserdem war noch eine Abschlussklasse aus Sucre dabei, die für die nächsten 11 Tage in der Schule Renovierungsarbeiten durchführen sollten. Es sollte sich in den nächsten Tagen herausstellen, dass die Anwesenheit der Schüler aus Sucre leider nicht so toll für uns drei sein sollte, wie für die Dorfbewohner.
Wir machten uns also an die Arbeit. Es kamen ein paar Kinder und wir versuchten sie zu behandeln. Leider wollten nicht immer alle mitmachen und viele wollten einfach nur gucken. Bei ein paar konnten wir trotzdem ein paar Füllungen legen.
Die nächsten Tage stellte sich dann heraus, dass quasi das ganze Dorf durch die Arbeit der Schüler aus Sucre abgelenkt war, sodass sich nur vereinzelt Kinder zu uns verliefen. Auch nach mehrfacher Besprechung mit dem Schulleiter änderte sich nicht viel. Die Kinder kamen entweder kurz in der Pause und rannten anschließend wieder weg, oder sie kamen nach der Schule gegen 16 Uhr. Das Behandeln nach 17 Uhr war aber auf Grund des schwindenden Sonnenlichts schwierig. Aber wir behandelten trotzdem weiter. In den Zeiten, in denen wir nichts zu tun hatten, streichelten wir allerlei Tiere, die an der Posta vorbeikamen, darunter Ziegen, Esel und jede Menge Hunde und Welpen. Am Ende hatten wir sogar ein kleines Rudel, das uns stets folgte.
Auch in Sarufaya war die Mundhygiene der Kinder nicht sehr gut. Während einige Kinder wirklich fast gar nichts hatten, war bei anderen der Zustand der Zähne sehr schlecht. Die Kinder kamen oft in Begleitung ihrer Mütter oder Großmütter zu uns, sodass wir auch bei Ihnen einige Zähne entfernten, die nicht mehr zu retten waren.
Freitags nachmittags fuhren wir mit den Lehrern nach Sucre zurück wo wir auf Lena und Tini trafen. Andrea war in der Zwischenzeit wieder abgereist. Und so machten wir das eine Wochenende eine großartige Quadtour in der Umgebung von Sucre, die uns allen sehr viel Spaß machte. Dann flogen wir an dem anderen Wochenende nach LaPaz, um zur Isla del Sol zu fahren. Die Insel ist ein echtes Paradies und sorgt auch in kürzester Zeit für echte Erholung. Dort streichelten wir zum ersten Mal Alpakas. Sie sind sooo flauschig!
Montags morgens mussten wir dann um 6 Uhr den Trufi der Lehrer nehmen um wieder nach Sarufaya zu kommen. Der Dorfarzt Pablo sorgte in der 3. Woche in Sarufaya dafür, dass wir mehr zu tun hatten, indem er uns Leute aus anderen noch kleineren Dörfern als Patienten brachte. So waren wir den ganzen Tag beschäftigt und konnten vielen Leuten helfen.
Die letzten zwei Wochen in Sarufaya vergingen sehr schnell, da wir wirklich gut ausgelastet waren. Es kam auch noch die Dorfbevölkerung dazu, sodass wir eigentlich keine Pause mehr hatten. Anna und ich durften noch einmal richtig viel behandeln. Michi ist nur eingeschritten, wenn er merkte, dass wir allein nicht weiterkamen. Abends machten wir mit den Internatsschülern Hausaufgaben oder spielten einfach nur zusammen. Auch die Internatsleitung Rocio, die Köchin Albertina und Miguel, deren Helfer, schlossen wir ins Herz, und wir saßen immer in gemütlicher Runde zusammen und halfen noch beim Backen oder wo sonst noch Hilfe nötig war.
Anna und ich verbrachten das letzte Wochenende zusammen mit Sarah, Annas Schwester und Eva, die in Huancarni arbeiteten, am Amazonas. Dort konnten wir auch endlich mal unser Nobite austesten. Die Tour war wirklich aufregend und wir sahen wilde Kapuzineraffen und wunderbare Natur.
Am Freitag fiel uns der Abschied aus Sarufaya wirklich sehr schwer. Die Kinder halfen uns beim Einladen der Sachen auf Edwin´s Pickup. Am Abend zuvor gab es noch eine kleine Feier zu Ehren des "Tags des Schülers" aber auch für uns als Dankeschön. Wir tanzten die traditionellen Tänze zusammen mit den Schülern und hatten ein letztes Mal Albertina´s wirklich leckeres Essen. So waren wir doch alle etwas traurig, das Dorf zu verlassen, nachdem wir uns so gut eingelebt hatten.
Nachdem wir die Materialien in Sucre wieder ins Lager eingeräumt hatten, war unser Einsatz in Bolivien offiziell vorbei. Michi und ich verbrachten den Samstag noch in Sucre und flogen dann mit Vorfreude auf unsere Familien und Freunde wieder nach Deutschland.
Diese sechs Wochen in Bolivien waren wirklich ein unvergessliches Erlebnis und nur zu empfehlen. Ich habe so viel gelernt, das mich fachlich weiterbringt. Viele der Defekte würde man wohl in der Uni so nicht sehen. Ausserdem habe ich neue Freunde gewonnen und eine völlig neue Kultur kennengelernt. Die netten Leute, das gute Essen und die wunderbare Natur werde ich wohl nicht vergessen. Ob ich wohl je noch mal eine Famulatur machen werde? Auf jeden Fall! Es bringt einen sowohl im Beruf aber auch menschlich so viel weiter und das Wichtigste: Es macht einfach eine Menge Spaß.
Vielen Dank an alle, die das Erlebnis möglich gemacht haben!
Jana Bregulla