Brössel, Sophie
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Bolivia móvil, 19.02. - 23.03.2018
Nachdem klar wurde, dass endlich ein Zahnarzt für unseren 5-wöchigen Einsatz in Bolivien mit FCSM e.V. gefunden wurde, kam unser Projekt "Bolivia movil" zustande. Ich flog mit meiner guten Freundin und Kommilitonin Helena über Madrid und Santa Cruz nach Sucre. Wir kamen am Freitag Nachmittag an und waren in dem Hostal "Corona Real" am Busterminal untergebracht. Sofort lernten wir das 2. Team und natürlich Ekkehard kennen. Das Wochenende waren wir dann hauptsächlich damit beschäftigt, alle Materialien und Instrumente zu sortieren und zu ordnen, so dass unsere 2 Teams möglichst gleich ausgestattet waren. Die ersten 2 Wochen behandelten wir in einer Schule der Organisation Fe y Alegria. Sie war zu Fuß nur 5 Gehminuten vom Hostal entfernt, und dort hatten wir einen Raum, in dem wir unsere Sachen auspacken konnten. Wir hatten einen Platz für die Behandlungen, die hauptsächlich aus Füllungen legen und Zahnextraktionen bestand und einen weiteren für die Limpiezas. Wir wurden sehr herzlich von der Schule aufgenommen und wurden am Montag bei dem wöchentlichen Appell den Schülern vorgestellt. Die erste Woche haben wir mit Ekkehard behandelt bis dann eine Woche später Sebastian zu uns gestoßen ist, der dann die restliche Zeit mit uns verbracht hat. In dieser Schule gab es viele Kinder, die schon Füllungen oder sogar Wurzelkanalbehandlungen hatten. Dadurch war der Ansturm sehr wechselhaft. Manchmal hatten wir auch kurz Leerlauf, aber die letzten Tage wollten dann doch auf einmal noch ganz viele eine Behandlung in Anspruch nehmen. Zum Behandlungsablauf: einer hat immer behandelt, während der 2. assistiert und der 3. eine Limpieza gemacht und schon mal den Patienten gescannt hat, für welche Behandlung er am ehesten in Frage kommt bzw, was das Dringendste (Schmerzbehandlung) ist. Insgesamt hatten wir in Sucre nur 2 Schüler, die keine Behandlung benötigten. Für die viele Karies sorgten auch die Süßigkeitenverkäuferinnen vor und in der Schule. Es gab täglich eine Mittagspause und abends nach der letzten Behandlung sind wir dann meistens mit den anderen essen gegangen. Am Wochenende haben wir einen Ausflug nach Potosí gemacht und waren dort bis auf 5.000 m wandern. Das war traumhaft, während wir durch Alpaca Herden liefen und es genossen haben, etwas mehr von dem schönen Land sehen zu können.
Nach 2 Wochen Sucre ging es dann nach Padilla für Sebas, Helena und mich. Padilla ist ein Dorf, das mit dem Bus nach ca. 4 h zu erreichen ist. Es liegt etwas tiefer als Sucre und dort war es auch wärmer. Umgeben ist es von wunderschöner Natur, einige kleinere Berge und Maisfelder, alles sehr grün (wir waren ja auch zur Regenzeit dort). Das war das erste Mal, dass FCSM in Padilla stationiert war (ab jetzt dann hoffentlich immer wieder). In Padilla wohnten wir in der Unterkunft direkt im Mercado, was ziemlich praktisch war mit dem ganzen Essen um die Ecke. Eine Küche hatten wir leider nicht. Die Unterkunft war einfach, aber wir hatten unser eigenes Bad und sogar einen kleinen Balkon, auf dem man super frühstücken konnte. Generell ist Padilla ein süßes Dorf, mit einem klassischen zentralem Platz und Unmengen an Pollo-Restaurantes. Die ersten 3 Tage arbeiteten wir im Hospital in Padilla, dort konnten wir unsere Sachen in einem kleinen Raum aufbauen. Es gab 2 weitere Consultorios in dem Hospital und insgesamt 3 Zahnärzte und 2 Internos (Zahnärzte im Praktikum), die uns liebevoll willkommen hießen und mit allem halfen, wo es nur ging. Vor dem Hospital stand ein Odontomobil, das kaum benutzt war und eigentlich alles hatte, was man so braucht, mit Stuhl, Einheit, Licht und genug Stauraum um alle Verbrauchsmaterialien und Instrumente einzuräumen. Nachdem der defekte Stuhl auch repariert war, machte sich der Wunsch bei uns Dreien immer mehr bemerkbar, mit dem Odontomobil zu den Schulen zu fahren, und die Schüler dort zu behandeln und dem Namen des Projektes "Bolivia movil" noch mehr gerecht zu werden. Nach 3 Tagen ging unser Wunsch in Erfüllung und wir waren jeweils 2 Tage vor den Schulen und behandelten in unserem tollen Odontomobil. Es gab sogar einen Steri in dem Auto.
Wir behielten auch unsere Limpieza Station bei , zwar etwas kleiner, aber so konnten wir wenigstens viele Kinder scannen, wenn wir keine Zeit hatten, alle zu behandeln. Unser 2. Wunsch war es, Prophylaxe mit den jeweiligen Schülern der Schulen zu machen. Dafür war es sehr praktisch, dass Sebas, unser kreativer Zahnarzt, seine Gitarre dabei hatte. Abends entstand dann unser Lied "Ciao, ciao Caries". Das trugen wir dann jeweils vor und machten zusätzlich Mundhygieneinstruktionen an einem Modell und zeigten den Kindern die unterschiedlichen Teile eines Zahnes. Außerdem bastelten wir 2 Plakate mit einem traurigen kariösen Zahn und einem fröhlichem gesunden Zahn. Nachdem wir ca. 12 Kärtchen mit unterschiedlichen Lebensmitteln darauf vorbereitet hatten, mussten die Kinder im Chor rufen, welche der Lebensmittel (Gemüse, Schokolade, Käse, Eis..) gut oder eben schlecht für die Zähne sind.
Nach diesen Einsätzen in der Schule ging es für uns auf die umliegenden Dörfer. Dieser Ausflug aufs Land wurde vorher schon von den Zahnärzten im Krankenhaus geplant und im Radio durchgesagt, sodass alle Bescheid wussten, wann wir in welchem Dorf sein werden. Dieses Abenteuer ging dann auch schon Samstag los, aber Helena und ich mussten zunächst den Bus nach Sucre nehmen, um unser 30-tägiges Visum zu verlängern und außerdem noch ein paar Verbrauchsmaterialien aus unserem "Lager" im HI zu holen. Leider konnten wir die Fahrt aufs Land nicht mit dem Odontomobil bewerkstelligen, da die Straßen unbefestigt und noch nicht richtig ausgebaut waren. Diese Reise machten wir mit der Ambulancia, ein 4x4, der auch durch Bäche auf der Straße ohne Probleme fahren konnte. Wir hatten alle Gerätschaften dabei und mussten uns dann an den jeweiligen Orten auf und abbauen, das klingt erstmal anstrengend, aber wir hatten uns nach einiger Zeit gut eingespielt und wurden immer schneller. Als erstes ging es nach Tihumayu, ein Ort an einem Fluss, der etwas tropischer war als wir es bisher kannten. Es war dort ziemlich warm und, wie vorgewarnt, gab es auch ziemlich viele Moskitos- also unbedingt Moskitonetz und Repelente mitnehmen. Als wir dort ankamen, erfuhren wir auch, dass es dort immer wieder Fälle von Malaria, Dengue Fieber, Zica... gibt. Am besten dann dafür auch die nötigen Vorbereitungen treffen. Untergebracht waren wir in den Dörfern immer direkt im Hospital und schliefen dort in den eigentlichen Krankenbetten und hatten zu dritt unser eigenes Bad. Die Bewohner nahmen uns sehr herzlich auf und wir wurden mittags sowie abends bekocht. Wir merkten schnell, dass unsere Hilfe hier noch viel mehr gebraucht wurde. Es gab immer so viele Pateinten, die den ganzen Tag auf eine Behandlung warteten und manche von ihnen standen sogar schon um halb 6 Uhr morgens vor dem Tor des Krankenhauses. In Tihumayu und in dem vorletzten Dorf Tabacal gab es sogar jeweils ein Cosultorio mit einem Zahnarzt (Die Zahnärzte in Bolivien arbeiten immer alleine und haben keine Helfer). Wir teilten uns demnach auf und Helena und ich arbeiteten abwechselnd mit dem Zahnarzt vor Ort oder mit Sebas zusammen. Dadurch konnten wir viele Behandlungen in weniger Zeit schaffen. In Tihumayu blieben wir 2 Nächte und dann ging es wieder mit unseren ganzen Sachen nach Rossal, ein Dorf in 1,5 h Fahrt erreichbar. Dort behandelten wir in einem Zimmer, in dem wahrscheinlich sonst die Geburten stattfanden. Abends ging es zurück nach Padilla und dann am nächsten Morgen für 2 Tage nach Tabacal. Dort gab es auch einen Zahnarzt und wir hatten wieder unsere 2 consultorios mit 2 Teams. Diesmal schliefen wir im Geburtszimmer und hatten wieder unser eigenes Bad und fühlten uns sehr wohl. Das Hospital dort lag direkt am Fluss und dort schafften wir auch eine weitere Propyhlaxe-Session in der dortigen Schule. Das letzte Dorf war dann Lampezillos, oben auf einem Berg lokalisiert, das wir von Padilla in 20 min mit dem Odontomobil erreichen konnten. Auch hier wurden wir wieder mit genug Essen versorgt und behandelten vor dem dortigen Hospital Kinder sowie auch Erwachsene. Insgesamt ist diese Zeit rasend schnell vergangen und wir 3 sind als Team und Freunde sehr schnell zusammengewachsen. Es war eine unglaublich tolle Erfahrung und nach dieser Zeit fühle ich mich sehr bereichert. Die bolivianischen Menschen habe ich als sehr freundlich, dankbar und hilfsbereit kennengelernt. An dieser Stelle von Herzen vielen Dank an Sebastian!! Ohne Dich wäre dieses Erlebnis nicht das gleiche gewesen. Als Zahnarzt und als Mensch einfach super:) zu dritt waren wir ein sehr gutes Team und ich will die Zeit mit Helena und Sebas während "Bolivia movil" nicht missen. Danke auch an alle Zahnärzte und Internos in Padilla und den Dörfern, die für uns wie eine kleine Ersatzfamilie waren und es so eine Bereicherung war, diese tollen Menschen kennenzulernen. Vielen Dank an Ekkehard und den FCSM, die dies alles für uns möglich gemacht haben. Dieses Projekt ist einfach eine wundervolle Sache!
Sophie Brössel