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Hendricks, Delia

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Huancarani, 14. August - 15. September 2023
!Muchas gracias!  - Dies waren die letzten Worte zu meinen neuen bolivianischen, deutschen und schweizer Freunden, durch die meine Zeit in Huancarani zu einer der tollsten Erfahrungen meines Lebens wurde.
Ich bin Zahnärztin mit vier Jahren Berufserfahrung und habe mir schon während meines Studiums vorgenommen, dass ich irgendwann einen zahnmedizinischen Auslandseinsatz in Bolivien antreten möchte. Ein dreiviertel Jahr bevor es losging, fing dafür die Organisation mit dem FCSM bzw. mit Ekkehard an. Er ist dabei auf all meine Fragen ausführlich eingegangen, sodass ich mich bestens gewappnet fühlte. Job gekündigt, Flug gebucht, Tasche gepackt und schon stieg ich Ende Juli 2023 mit einem gesunden Maß an Aufregung in den Flieger.
Die ersten beiden Wochen war ich mit meinem Bruder und einem Freund Bergsteigen und am Titicaca-See. Anschließend ging es dann für fünf Wochen nach Huancarani. Am Flughafen in Cochabamba wurde ich am Samstag, den 12.8., durch Henry herzlich in Empfang genommen. Henry ist der Sohn unserer „Haushälterin“, Köchin und guten Seele: Doña Adela. Sie sorgte unter der Woche für unser Leib und Wohl und bekochte uns mittags und abends mit meist bolivianischen Köstlichkeiten (häufig viel Gemüse und wenig Fleisch, immer nach meinem Geschmack). Henry hingegen ist die „gute Fee“ im Consultorio Dental. Er kümmert sich um die Ordnung, managt die Patienten, bedient den Steri, assistiert und sorgt täglich für viel Humor bei der Arbeit. Auch bei allen technischen Fragen hat er immer einen guten handwerklichen Griff auf Lager.
Mein Ankunftswochenende in Huancarani begann mit einem schönen Samstags-Ausflug nach Cochabamba, wo wir uns den Plaza 14 de Septiembre und einen riesigen Markt angeschaut und uns durchprobiert haben. Am Sonntag haben wir einen Spaziergang vom nahegelegenen Sipe Sipe zur Inka-Ruine Inka Raqay gemacht. Von Sipe Sipe aus geht man 2,5 Stunden über alte Inka-Stufen bergauf und in einer knappen Stunde wieder herunter.  An meinem ersten eigentlichen Arbeitstag blieb die Praxis geschlossen, da in Quillacollo (der nächste Stadtteil Cochabambas) ein riesiges Volksfest stattfand, welches wir natürlich auch besuchten. In bunten Kostümen und mit riesigen Panflöten tanzten die Leute durch die Straßen. Sehr beeindruckend!
Dienstags ging es dann endlich mit der Arbeit los. Ich arbeitete zunächst mit der Studentin Viviane und der frisch examinierten Zahnärztin Franziska. Zusammen mit Henry waren wir ein hervorragendes Team!
Nach 2,5 Wochen gab es einen Tapetenwechsel. Nachdem Franziska und Viviane abgereist waren, habe ich mich riesig über die Ankunft der beiden frisch examinierten Zahnärztinnen Anna-Lena und Sarah gefreut.
 
In der Praxis gab es immer etwas zu tun. Die Patienten standen teilweise schon morgens um 6 Uhr auf der Matte, damit sie um 08:30 Uhr als erstes drangenommen wurden. First come, first serve. Auch mittags und abends arbeiteten wir meistens weitaus länger als die angegeben Zeiten, weil wir nicht allzu viele Patienten wieder nach Hause schicken wollten. Die Arbeit hat auf jeden Fall riesig Spaß gemacht und war total bereichernd. Es tat wirklich gut zu sehen, wie viel man doch vor Ort helfen kann! Die meisten Behandlungen waren Füllungen (tapas), gefolgt von Extraktionen (häufig tief zerstörte Wurzelreste), Zahnreinigungen (limpiezas) und endodontische Behandlungen. Viele Patienten haben auch nach Prothesen (placas) gefragt, jedoch war zu meiner Zeit kein Zahntechniker vor Ort im Labor tätig. Somit mussten wir leider viele Patienten für mehrere Monate vertrösten und ohne Zahnersatz nach Hause schicken. Traurigerweise muss ich sagen, dass die Mundhygiene in Bolivien einen viel zu geringen Stellenwert hat, sodass die Patienten häufig erst bei Schmerzen oder massiven ästhetischen Einschränkungen die Zahnklinik aufsuchen. Teils schockiert war ich von den Zähnen der Kinder. Es war keine Seltenheit, dass alle Milchzähne oder auch die frisch durchgebrochenen 6er tiefe kariöse Läsionen aufwiesen.
 
 
Die Wochenenden konnten wir sowohl zum Abschalten in Huancarani, als auch für atemberaubende Ausflüge nutzen. An meinem ersten Wochenende reisten wir in den wunderschönen Torotoro-Nationalpark. Hier besuchten wir Wasserfälle, kletterten durch Canyons und waren unzähligen Dinosaurier-Fußspuren auf der Fährte. Mein Highlight war das Höhlenklettern in den Cavernas de Umajalanta. Hierfür kann ich den Anbieter „El Mundo Verde Travel“ wärmstens empfehlen. Am zweiten Wochenende machten wir einen Ausflug nach Sucre und Potosí. Besonders Sucres Schönheit und die vielen, gemütlichen Lokalitäten sorgten dafür, dass ich den Ruf Sucres als schönste Stadt Boliviens zu 100% bestätigen würde. Am nächsten Wochenende blieb ich in Huancarani und es stand u.a. eine Wanderung zum Pico Tunari an, welcher Cochabamba mit 5053 Metern überragt. Ein wunderschönes Trecking-Erlebnis, welches man aber nur mit einer gewissen Akklimatisierung antreten sollte. Das letzte Wochenende meiner Zeit in Huancarani reisten wir in die faszinierende Salzwüste Salar de Uyuni. Hierfür fuhren wir freitags abends mit dem Nachtbus nach Uyuni und in der Nacht von Sonntag auf Montag wieder zurück. Da das Consultorio montags immer erst um 14 Uhr öffnet, war das zeitlich sehr gut machbar und sollte auf keiner Bolivienreise ausgelassen werden.
 
Am Abend vor meiner Abreise waren im italienischen Restaurant „Porta Nuova“ essen. Ein Traum von Pizza, Tiramisu und Limoncello! Freitag, der 15. September, war mein letzter Tag des fünfwöchigen Aufenthalts in Huancarani. Mein Abenteuer Südamerika sollte jedoch noch nicht zu Ende sein. Im Anschluss standen für mich noch Ausflüge zum Camino de la Muerte (Death Road), zum ausgezeichneten Weinort Tarija und nach Santa Cruz an, gefolgt von einem dreiwöchigen Urlaub in Brasilien.
 
 
Ich kann es kaum fassen, wie schnell die Wochen in Bolivien, besonders die Arbeitstage in der Praxis, umgegangen sind. Die unzähligen Erlebnisse und Erfahrungen, sowohl auf zahnmedizinischer als auch auf menschlicher Ebene, sind definitiv unbezahlbar. Auch die Vielseitigkeit des Landes hat mich fasziniert und mich in ihren Bann gezogen! Ich bin so dankbar für all das, was ich in dieser Zeit erleben durfte!
Delia Hendricks
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