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Schlichtenhorst 2012

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"El Villar" 24. Februar – 22. März 2012
Max Steiner ist das Herz und die Seele dieses Projektes. Er organisiert, erklärt, moderiert und kümmert sich um alle Belange seiner zahlreichen Sozial-Projekte in Bolivien. Als ausgewanderter Schweizer, verheiratet mit einer Bolivianerin, lebt er in Santa Cruz und Sucre, meist ist er aber unterwegs, als Präsident der Bolivien-Schweizer, als Elder President von Hostelling International, dem internationalen Jugendherbergswerk, um Verträge mit dem Roten Kreuz zu schliessen oder mit der GIZ. Dann wieder ist er mitten in den Projekten, um die Sorgen und Nöte seiner Voluntarios anzuhören und, wenn möglich, Abhilfe zu schaffen.
So habe ich ihn erlebt, als er mich morgens um 03:00 h (!) am Flughafen Santa Cruz abholte. Er hat mir einen günstigeren Wechselkurs für die Bolivianos (9 Bolivianos für 1 €) gegeben, mir bei den letzten Einkäufen geholfen (dentale Einkaufsmöglichkeiten in Santa Cruz waren allerdings begrenzt, wir fanden nur einen 3M/ESPE-Laden, aber in Sucre gibt es ein gut sortiertes Dental-Depot, siehe unten) und hat mich in seinem TOYOTA Land-Cruiser bis nach El Villar mitgenommen, rund 500 km, davon 300 km Piste, wovon die Hälfte noch durch Regen zu einer reinen Schlittenpartie mutierten, insgesamt 12,5 Std. Fahrt. Dieser Service kann natürlich nicht immer geboten werden, es ergab sich einfach, weil er ohnehin die Projekte Alcalá und El Villar inspizieren wollte.
Max Steiner verfügt über ein begnadetes Organisationstalent. Dank seiner guten Verbindungen im ganzen Land ist auf ihn und seine Mitarbeiter unbedingt Verlass. Und das bedeutet viel in einem Land, wo das Leben plan- und ziellos abläuft.
Zur Anreise: Ich flog ab Zürich nach Madrid, wo ich erst einmal 2 Tage pausierte, was sich aus dem Chaos der Buchungsmodalitäten ergeben hatte. Für alle Interessierten: In Madrid muss man sich für den Umstieg von T4 zu T1 mindestens 4 Std. Zeit lassen. Insofern hatte ich mehr als genug Zeit, die ich mit Besichtigungen (Prado, Museo Reina Sofia, Palacio Real etc.) ausfüllte. Von Madrid geht der einzige Direktflug aus Europa nach Bolivien, nach Santa Cruz de la Sierra, um den vollen Namen einmal zu schreiben. Fluggesellschaft ist die bolivianische AeroSur, die wohl inzwischen restlos pleite ist und deshalb nicht empfohlen werden kann. Nur zur Info: Mein Rückflug wurde fünfmal verschoben, zurückgekehrt bin ich schliesslich mit 8 Tagen Verspätung über Sao Paulo/Brazil (AeroSur) und weiter mit Lufthansa nach München und Zürich.
El Villar (ca. 1.900 m ü.NN) ist zunächst erste Anlaufstation und zum Eingewöhnen gut geeignet. Der Hauptort liegt in einem weiten, aber weit verzweigten Tal, dessen Hänge mit Buschwerk bewachsen sind, Bäume gibt es kaum. Tiefe Erosionsrinnen mit abenteuerlich anmutenden Formationen durchziehen die Gegend. In den Tälern werden Mais und Kartoffeln angebaut, Kühe finden im Gebüsch ihre karge Nahrung. Einige Besonderheiten hat der Ort zu bieten. Steht z.B. ein mit einem weissen Tuch bedeckter Stuhl vor einem Haus, bedeutet dies, dass man dort Brot kaufen kann. Liegt auch ein umgedrehter Teller auf dem Stuhl, kann man dort auch essen. Der örtliche Schuhmacher versteht es, aus alten Autoreifen Sandalen zu fertigen. Die Strassen sind grösstenteils befestigt, aber die Zufahrt zum Hospital ist ein einziges Schlammloch, durch das wir uns nach Regenfällen hindurcharbeiten mussten, nur ca. 150 m, aber die haben es in sich..
Im Hospital gibt es eine kleine Zahnstation (5 Gehminuten vom Hostal)  mit Stuhl (GNATOS aus Brasilien) und Rö-Gerät, das ich nur einmal benutzte, die Ergebnis-Qualität entsprach nicht meinen Hoffnungen. Dr. Walter Alvarez ist dort tätig. Er hat mir und Maja, einer Freiwilligen, die mir Max Steiner zugeteilt hatte, die Arbeit überlassen. Er selber scheint vorwiegend Extraktionen vorzunehmen, nach dem Instrumentarium im Steri zu urteilen. Konservierende Behandlungen sind nicht sein Ding, die gestalteten sich auch nicht ganz ohne Schwierigkeiten: Die Wasserkühlung der Turbine tröpfelte nur gelegentlich (später gar nicht mehr), meist mussten wir mit dem Spray kühlen. Das Wasser kam aus einem kleinen Vorratsgefäss, das oft nachgefüllt werden musste. Üblicherweise geschieht das mit dem normalen, also lehmdurchsetztem Leitungswasser, was zu Verstopfungen führen muss. Einmal gelang es mir, eine Flasche Wasser zu kaufen, um damit weiteren Verstopfungen vorzubeugen, später war keines mehr verfügbar – und Coca-Cola, das in Mengen angeboten wird, konnte ich nun wirklich nicht einfüllen. Der Micromotor liess sich gar nicht mit Kühlung bedienen, dafür klemmte entweder die Bohrer-Arretierung am Winkelstück, oder sie hielt den Bohrer gar nicht. Die Polymerisations-Lampe habe ich erst einmal gründlich von Composite-Resten gereinigt, über die Lichtdichte kann ich keine Aussage treffen, immerhin wurde das Füllungsmaterial hart. Der Speichelsauger arbeitete sehr schwach und gab zwischendurch den Geist immer wieder auf, sodass im Wesentlichen mit „Ausspucken“ gearbeitet werden musste. Das nervt auf Dauer und zieht die Behandlungen unnötig in die Länge. Dr. Alvarez hatte zwar versprochen, die Funktion zu verbessern, aber vamos a ver – dazu kam es nicht während meiner Anwesenheit. Brauchbares Extraktions-Instrumentarium war ausreichend vorhanden, ebenso ein Heissluft-Steri. Sprüh- und Wischdesinfektion (eine Desinfektionswanne habe ich gekauft) sollte man besser mitbringen. Dasselbe gilt für rotierende Instrumente und Füllungsmaterialien etc. (siehe unten). Der Patienten-Zulauf war anfangs schleppend, hat sich aber bereits am zweiten Tag deutlich gesteigert, wobei an den Vormittagen weniger Patienten als nachmittags zu behandeln sind. Ich habe im Schnitt 15 Patienten pro Tag gesehen, wobei ich jeweils 2-3 (manchmal 5) Zähne behandelt habe (Extraktionen und Füllungen). Meine Leistungen waren gratis, Dr. Walter verlangt Honorar, 5 B. für eine Extraktion, 15 B. für eine Füllung. Die Arbeitszeit geht von 08:30 bis 12:00 und von 14:30 bis ca. 18:00 h. Samstag und Sonntag sind frei.
Man wohnt in El Villar in einer Jugendherberge (5 Min. zum Hospital) unter einfachen, aber sauberen Bedingungen, für bolivianische Verhältnisse schon komfortabel. Zu meiner Zeit waren 5 weitere Voluntarios aus Deutschland anwesend, manche für ein ganzes Jahr. Am Wochenende kommen aus den umliegenden Weilern (Communidades) weitere hinzu. Ausserdem war eine Schulklasse mit Lehrern aus Montreal für die ersten 2 Wochen dort untergebracht, die ebenfalls in den Projekten (Wohnlichmachung eines im Ort befindlichen Internats) mithalfen. Ich bezog ein Einzelzimmer mit Nasszelle (und warmer Dusche) und hatte ruhige, erholsame Nächte. Das Leitungswasser war abhängig von den Regenfällen mehr oder weniger braun, abgekochtes Wasser stand immer zur Verfügung. Das Essen war einfach aber wohlschmeckend, jedenfalls solange Martha Steiner ebenfalls dort wohnte. Die Essens-Diskussionen kreisten regelmässig um dies Thema: Mehr Abwechslung, Nudeln al dente etc., aber tatsächlich besserte sich die Essens-Qualität deutlich. Im Ort gibt es 2 Internet-Cafe´s, die allerdings nur sporadisch geöffnet haben, W-LAN ist nicht verfügbar, dafür aber einen Mobilfunk-Mast (entel) zum Telefonieren.
Das Klima war angenehm, zumal ich kurz nach der regenreichen Zeit (Dez. bis Feb.) meinen Aufenthalt dort hatte. Obwohl die Gegend offensichtlich gut für Gemüseanbau geeignet wäre, sind diese Lebensmittel nur schwer zu bekommen. Aber auf dem Hostal-Gelände wachsen Feigen, Avocados, Granatäpfel und Zitrusfrüchte, im Garten auch Zwiebeln, Tomaten und Salat etc., Dill und breitblättrige Petersilie gedeiht in den Mauerritzen.
Der Zahngesundheitszustand war erwartungsgemäss erschreckend. Viele Patienten haben keine Zahnbürste und wissen auch nicht damit umzugehen. Ebenso ist das Wissen über Karies, seine Entstehung und Vermeidung allenfalls rudimentär vorhanden. So muss eben viel extrahiert werden. Ich habe mich bemüht, erhaltenswürdige Zähne zu konservieren, wobei ich kleine und kleinste Fissurenfüllungen (auch minimal-invasiv, besonders im Molarenbereich) den grossen (und tiefen) Maximal-Restaurationen vorzog, um wenigstens diese Zähne dem drohenden Verfall zu entziehen. Endodontische Behandlungen kamen gar nicht in Frage aufgrund fehlenden Instrumentariums und Materials sowie ungünstiger Prognosen. Es gab aber auch Patienten, die nur eine Limpieza wollten. Meist gaben wir diesen eine Zahnbürste mit der eindringlichen Aufforderung, sie auch gründlich zu benutzen. Plaque war nämlich das Thema, Zahnstein und Parodontitiden sah ich seltener. Ausserdem fehlten sowohl Polier-näpfe und –pasten als auch Ultraschall, meine 2 Scaler konnten da nicht viel ausrichten.
Viele Patienten kamen erstmalig mit einem Zahnarztstuhl in Kontakt, erkenntlich am unsicheren Aufsteigen auf den Stuhl. Viele wollten einfach auf den Boden ausspucken, eine Patientin hat das in einem unbewachten Augenblick auch geschafft.  Die von der Kollegin Schoof-Hosemann begonnene Fluoridierung habe ich selber nicht forciert, diese Tätigkeit aber an die mir assistierenden Volontarios Marita, Maja, David, Manuel u.A. delegiert, die in Schulen die Aktion fortsetzen sollen.
Segura: Die Fahrt nach Segura sollte um 06:00 h losgehen, gefahren sind wir schliesslich um 15:30 h. Wir nahmen die Route über Khar Achimayu, weil dort Philipp und David hin mussten. War die Ambulancia bis dahin mit 9 Leuten besetzt, was wegen der abenteuerlichen Wegverhältnisse schon schwer genug war, so drängten sich für die letzten 10 km 13 Personen im Auto. Für die knapp 30 km brauchten wir rund 3 Stunden, immerhin gab es keinen Gegenverkehr und keine Überholmanöver. Segura liegt auf ca. 800 m Höhe und die Vegetation ist üppig, ähnlich wie im Yacuambi-Tal.
In Segura´s  Hospital steht ein halb zerlegter Zahnarztstuhl, den wir noch am Abend für die Sprechstunden vorbereiteten. Für den Betrieb ist man auf den Generator angewiesen, da es in Segura keinen Strom gibt. Aber es funktionierte alles leidlich, nur die vielen Wackelkontakte und die fehlende Drei-Wege-Spritze auf der Helferinnenseite behinderten den Arbeitsfluss. Wenigstens der Speichelsauger zog gut, auch die Polymerisationslampe war besser als in El Villar. Unsere Instrumente und Materialien hatten wir mitgebracht. Abgesehen von einem Totalausfall der einzigen Turbine (Ersatz war einen halben Tag später da, dafür aber mit passablem Spray) und einer Zwangspause, weil der Generator Sprit brauchte, konnten wir relativ zügig arbeiten, allerdings bei dem Höllenlärm des nur mit kurzen Unterbrechungen arbeitenden Kompressors. So behandelten wir in den folgenden 4 Tagen ca. 70 Patienten, während Dr. Walter nur extrahierte.
Wir wohnten in einem Nebengebäude, aber auf dem Hospital-Gelände, jeder hatte ein Zimmer mit gemeinsamem Eingang, die Ausstattung bestand aus jeweils einem Bettgestell mit einer ziemlich versifften Matratze und einem Stuhl. Ablage- oder Aufhängemöglichkeiten bestanden nicht. Das Essen war reichlich und gut (fürs Frühstück hatten wir Verpflegung vom Hostal), das Wasser lief nicht lehmig sondern klar. Die Toilette funktionierte, eine (kalte) Dusche war vorhanden. Die Sauberkeit im Hospital war auffällig. Da das Gelände umzäunt ist, hatten Pferde, Esel, Schweine, Hunde und Hühner auch keinen Zutritt. Ein Schlafsack ist obligatorisch. Wegen des fehlenden Lichts, der Generator wird um ca. 21:00 h abgeschaltet, war frühe Bettruhe angesagt. Segura ist Malaria- Chargas-, Gelbfieber-, Tuberkulose- und Tollwut-gefährdet, aber trotz der deutlich wärmeren Temperaturen und der höheren Luftfeuchtigkeit hatten wir keine Probleme mit Insekten, auch dank No-Bite.
San Blas: Eine Gemeinde 1 1/4 Stunde westlich von El Villar mit rund 700 Einwohnern, die aber weit verstreut in den Bergen wohnen. Zentrum ist eine Ansammlung von rund 15 Hütten rund um die Schule und den Puesto de la Salud. In Letzterem waren wir untergebracht: Maja im Kreisssaal (allerdings im Bett und nicht auf dem gynäkologischen Stuhl!), Manuel, ein Zahnmedizinstudent aus Erlangen, und ich im Zimmer davor, getrennt durch eine nach oben offene Wand mit einer gemeinsamen Glühbirne, deren Schalter sich auf dem Flur befand. Ein „Bad“ mit Dusche, WC und Waschbecken daneben, dessen Tür sich nicht schliessen liess. Da Maja und Manuel zeitversetzt mit Erbrechen und Durchfall zu kämpfen hatten, waren die Nächte etwas laut, aber von draussen drang kein Lärm hinein, nur unzählige Fliegen. Die Stille der Natur haben wir dennoch geniessen können. Verpflegung hatten wir vom Hostal mitgebracht, die von der dortigen Krankenschwester Doña Vicky, die als einzige das „Hospital“ betreut, für uns zubereitet wurde.
Das zahnärztliche Consultorio ist neben der Schule untergebracht, aber mit der Arbeit konnten wir erst beginnen, nachdem die Tür aufgebrochen worden war, da Dr. Walter den Schlüssel (und anderes dringend benötigtes Material) in El Villar vergessen hatte. So verloren wir einen ganzen Tag mit Warten und leeren Versprechungen. Die Einheit funktionierte leidlich, Turbine (mit Spray!), Licht und Speichelsauger arbeiteten gut, es gab auf der Helferinnenseite auch eine Drei-Wege-Spritze, aber ohne Wasser. Der Winkelstück-Kopf war allerdings so ausgeschlagen, dass der Bohrer eine Amplitude von 3 mm aufwies, ausserdem hatte der Micromotor keine Durchzugskraft. So gestaltete sich die Dentinbearbeitung zeitraubend und nervig. Aber den Kompressor konnten wir vor die Tür stellen, der Lärmpegel war damit erträglich. Lediglich die vielen Fliegen, die mit jedem Patienten mehr wurden, belästigten uns ungemein. Von den geplanten 3 ½ Tagen konnten wir nur 2 ½ Tage arbeiten und versorgten rund 40 Patienten, wenn auch nur wenige durchsanieren. Dr. Walter fiel am Dienstag zudem wegen Trunkenheit voll aus, er hat aber auch sonst nicht mitgearbeitet. Bei einer Dorfversammlung wurde er wegen des vergessenen Schlüssels und seiner Sauferei heftig kritisiert. Deshalb blieb er mit Manuel 2 Tage länger, um Versäumtes nachzuholen, er musste gewissermassen nachsitzen.
Der Zahngesundheitszustand war bei den Jugendlichen und bis etwa 35-Jährigen erstaunlich gut, wir sahen sogar Kinder auf dem Schulhof Zähne putzen. Maja, die die Fluoridierungen durchführte, berichtete aber auch von vielen ungepflegten Gebissen. Da sie nur diejenigen fluoridierte, die vorher ihre Zähne geputzt hatten, konnte sie nicht alle erreichen, aber es gab immerhin Kinder, die sich schnell eine Zahnbürste kauften, um in den Genuss des Fluorids zu kommen. Unter unseren Patienten befand sich eine ältere Frau, die 21 zu extrahierende Zähne bzw. Wurzeln in ihrem Mund aufzuweisen hatte.
Zu einer einigermassen sinnvollen Behandlung sollte man für einen 4-wöchentlichen Arbeits-Aufenthalt mitbringen: Composite (je 5 Spritzen Flow und Normal oder die entsprechende Anzahl Compulen, dann aber die dazugehörige Spritze nicht vergessen), 5 Spritzen Etch mit Kanülen, 4 Fl. Bonding mit Näpfchen und Pinselchen, Schleifscheiben, ein paar Füllungsinstrumente, Matrizen und Matrizenbänder, auch transparent, Interdentalkeile, Diamanten zur Präparation und Konturierung, Artikulationspapier, Anmischblöcke und Spatel für Unterfüllung/Glasionomer (sofern gewünscht), 1 kl. Schere, Rosenbohrer in guter Sortierung, rund 200 Carpulen Anaestheticum, ebenso viele Kanülen und 2 passende Spritzen (die vorhandenen sind nicht kompatibel), einige scharfe, kleine Bein´sche Hebel, evtl. Naht-Material und –Instrumente, eine Demo-Modell mit Zahnbürste wäre auch sinnvoll.
Watterollen, Hände- und Instrumenten-Desinfektionsmittel, Sprüh-Desinfektion, Wischtücher und Küchenrollen können in Sucre besorgt werden. Amalgam kann nicht verarbeitet werden, weil kein Kapselmischer vorhanden ist. Ich habe eine einzige Am-Füllung gelegt, das Amalgam hatte Dr. Walter von Hand tituriert. Ansonsten kann man natürlich weitere Dinge einpacken, je nach den Behandlungsvorstellungen des Einzelnen.
In Sucre gibt es ein Dental-Depot: Dimo Sud, Calle Olañeta #205, T. 4-6445087, info@dimosud.com.bo. In Santa Cruz gibt es eine Filiale: Av. Viedma #95, T. 3-3395844
In Sucre habe ich ein weiteres gefunden: Gedesa, Calle Calvo #38, T. 4-6912798 mit einer Filiale in Santa Cruz: Calle P.J.Valesco #39, T. 3-3368165  info@gedesa.com
Resumée: Die Bevölkerung im Tal von El Villar ist sehr arm und von den Segnungen höherer Zivilisation noch kaum berührt (ausser Coca Cola und Mobiltelefonen). Sie braucht dringend Hilfe auf dem Sektor der Zahnheilkunde. Insofern ist eine Arbeit besonders in den kleinen Communidades segensreich für die Menschen und befriedigend für uns Zahnärzte. Man muss sich aber den einfachen Lebensbedingungen stellen und darf nicht erwarten, den Komfort von Guadalupe vorzufinden. Wer also das Abenteuer liebt und sich anpassen kann, wird dort seine Erfüllung finden.
Andererseits sei nicht verhehlt, dass abseits dieses Tales, wo man sich recht sicher bewegen kann, Touristen in Bolivien auch von raffinierten Kriminellen heimgesucht werden. Ich habe da leidvolle Erfahrungen machen müssen. Deshalb gilt folgende Empfehlung: Niemals alleine reisen und die grossen Städte (besonders La Paz) meiden, bzw. nur zu kurzen Aufenthalten nutzen und im Flughafen oder Hotel bleiben, besonders abends.
Wer in diesem Bericht eine gewisse Begeisterung von Bolivien vermisst (ich wollte eher Fakten dokumentieren), sei auf den Bericht von Frau Kollegin Dr. Annette Schoof-Hosemann verwiesen, deren Überschwänglichkeit ich allerdings nicht teilen kann. Dafür waren meine Erfahrungen zu ernüchternd. Ich kann halt nicht den allgegenwärtigen Schmutz, die bittere Armut im campo, die Unzuverlässigkeit der Menschen und die immer nur provisorisch reparierten technischen Einrichtungen übersehen. Gewiss muss nicht alles perfekt sein, aber die Unprofessionalität des täglichen Lebens ist frustrierend.
Kleine Sprachkunde: Das Füllen von Zähnen wird in Bolivien in der Bevölkerung mit tapar = zudecken, zustopfen, verhüllen, verdecken bezeichnet, abgeleitet von tapa = (Topf-)Deckel. tapas waren ursprünglich kleine Gebäckstücke, die zum Abdecken von Getränken dienten, um sie vor Insekten zu schützen. Heute sind tapas aber auch kleine Zwischenmahlzeiten, wie sie in Bars angeboten werden. Der etwas wissenschaftlichere Ausdruck für Füllungen ist obturación = Verstopfung, Dichtung. Der in Ecuador gebräuchliche Begriff calsa für Füllung ist hier weitgehend unbekannt und wird nicht verstanden. Im Wörterbuch wird dagegen empaste genannt, von empastar = füllen.
Literatur-Empfehlung zur bolivianischen Lebensart: Gudrun Pausewang „Die bolivianische Hochzeit“ Fischer-Taschenbuch

Ekkehard Schlichtenhorst
 
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