Bongers, Insa
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Zwei Monate Huancarani! 08.Juni - 31.July 2015
in einem Land aus Staub und Zucker
Im Anflug auf Cochabamba (CBB) zeigte sich die
Gebirgskette der Cordillera Oriental von ihrer schönsten
Seite. Die aufgehende Sonne setzte den Bergen goldene
Kronen auf. Meine Anreise mit Boliviana de Aviacion (BoA)
von Madrid via Santa Cruz gestaltete sich als unkompliziert.
Die Müdigkeit der langen Reise war auch schnell verflogen,
als in der Zollkontrolle mein gesamtes Gepäck
auseinandergenommen und bis in die Verpackung der
Einmalhandschuhe inspiziert wurde. Schon hier haben sich
meine Spanischkenntnisse als sehr hilfreich erwiesen („Was
ist eine Polymerisationslampe?“), da die Beamten kein Englisch sprachen.
Nach den Hürden der Einreise wurde ich von Janine und Joaquin Hinojosa sehr herzlich willkommen geheißen. Sie betreiben in CBB eine Sprachschule (escueala runawasi) und brachten mich auf direktem Weg nach Huancarani.Die Unterkunft in Huancarani, in der ich die folgenden zwei Monate verbrachte, entspricht europäischem Standard. Doña Adela, der gute Geist des Hauses, bemühte sich täglich bei der Zubereitung eines bolivianischen Mittag- und Abendessens. Wer noch hungrig war, konnte auf die vielfältigen Früchte der Region zurückgreifen. Den Anschluss an Doña Adelas Familie habe ich zu jeder Zeit alssehr bereichernd, interessant und oft sehr hilfreich empfunden. Wenn es sprachliche Hindernisse zu überwinden galt (manche Patienten sprechen nur Quechua), war sie stets bereit zu übersetzen und zu vermitteln. Die Sprache scheint ein zentraler Punkt bei der Bindung der Patienten und Bildung eines Vertrauensverhältnisses zu sein. Die Patienten schienen immer wieder überrascht und gleichzeitig erfreut, dass ich ihre Probleme auf Anhieb verstand.
Das Patientenaufkommen war zu Beginn meines
Aufenthaltes sehr gering, steigerte sich im Verlauf jedoch
kontinuierlich. In den letzten vier Wochen musste ich oftmals
Patienten auf spätere Termine vertrösten. Es ist wichtig, mit
den Menschen ins Gespräch zu kommen, sodass die
verständliche, anfängliche Skepsis (eine „leche“ (spanisch -
Milch) in Bolivien?!) überwunden wird.
Das Behandlungsspektrum beinhaltet ca. 80% konservative
und 20% chirurgische Therapien. Sehr tapfere Kinder bilden
einen großen Patientenanteil des consultorio dental. Die
Folgen des omnipräsenten Zuckerkonsums, vor allem in
Form von Getränken sowie ein großes Defizit an Aufklärung
schlagen sich bei ihnen sehr deutlich nieder. Nicht nur im
consultorio dental, auch bei unserem Schulbesuch mit
„Zahnputztraining“ lachte die ECC aus jedem Kindermund.
Eine präventive Zahnmedizin z.B. in Form von regelmäßiger
Prophylaxe ist natürlich nicht bekannt. Ich schätze, dass
jedes zweite Kind noch nicht einmal eine Zahnbürste besitzt.
(In der Schule waren viele Kinder überfragt, auf welche
Seite der Zahnbürste denn die Zahnpasta kommt).
Persönliches Fazit:
Das Projekt ist für Berufseinsteiger geeignet, die
aufgeschlossen sind, gute Spanischkenntnisse und
Interesse an fremden Kulturen mitbringen.
Insa Bongers