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Valipour, Amira

Erfahrungsberichte > Archiv
Bolivia movil, 19.08. -27.09.2019
Bolivien ist wirklich ein wunderschönes Land. Ich bin gebürtige Bolivianerin. Die meiste Zeit meines Lebens habe ich aber außerhalb von Bolivien gelebt. Ich kannte bis zu dem tollen Erlebnis mit Bolivia movil meine eigene Heimat nur aus Kindheitserinnerungen. Ich hatte den großen Wunsch, Bolivien kennenzulernen und gleichzeitig etwas Gutes zu tun. Die passende Organisation war nach ein paar Tagen Recherche gefunden: FCSM. Was mich am FCSM gereizt hat, waren die Erlebnisberichte, die so wunderbar lebendig von einem fernen Land erzählten.
Mein Box-Partner (also Kommilitone, mit dem ich mir eine Behandlungseinheit geteilt habe) erklärte sich sofort bereit mitzumachen! Er wollte ebenfalls helfen und ein neues Land kennenlernen.
Kurze Zeit nach unserem erfolgreich bestandenen Staatsexamen saßen wir schon im Flieger nach Bolivien! Wir kamen nach einer gefühlten Ewigkeit in Santa Cruz de la Sierra an. Santa Cruz ist die Wirtschaftsmetropole Boliviens. Und eine moderne und interessante Stadt. Sehr westlich orientiert. Es war wunderbar heiß und dies, obwohl wir im bolivianischen Winter waren. Wir, Hagen und ich, nutzen die erste Woche, um zu entspannen. Hagen lernte seine ersten Spanischvokabeln und schneller als wir schauen konnten, waren sieben Tage vergangen und wir saßen in Sucre mit Ekkehard und den anderen 4 Teilnehmern (Sandra, Normann, Dani und Fabi) aus Deutschland zusammen.
Ekkehard ist ein herzlicher Betreuer, der für das Projekt lebt! Er ist top informiert und kann wunderbare Fakten und Anekdoten erzählen. Ich weiß wie ich voller Staunen viel über Bolivien gelernt habe. Wie z. B. dass es lange Dürreperioden gibt und die Leute richtig unter dieser Trockenheit leiden.
Bolivien ist aber nicht Deutschland. Alles läuft etwas chaotischer und unorganisierter ab. Nichtsdestotrotz funktioniert alles. Ihr müsst Euren inneren Ordnungsfreak bändigen, ich musste das zumindest.
Die ersten 2 Wochen wohnten wir in Sucre in einem kleinen Hostel. Dani und ich teilten uns ein Zimmer. Hagen und Fabi bewohnten den Raum gegenüber von uns. Die Zahnärzte mit Erfahrung bekamen private Schlafräume. Tagsüber war jedes Dreierteam in einer Schule in Sucre. Abends trafen wir uns zum gemeinsamen Abendessen in einem der zahlreichen Lokale. Die Hauptstadt Boliviens hat kulinarisch viel zu bieten. Tripadvisor ist da ein empfehlenswerter Ratgeber. Wer gerne Fleisch isst wird voll auf seine Kosten kommen. Vegetarisch ist schwierig zu finden aber machbar.
Oft kann man die Fleischbrocken in der Suppe einfach stehen lassen. Die Suppen in Bolivien sind lecker. Was ich am meisten genossen habe waren die frischen Säfte und Empanadas de queso. Die Empanada im Café Condor ist für 10 Bolivianos wirklich groß, frisch gemacht und lecker. Sagt nicht wenn euch etwas schmeckt „muy bueno“ sagt „rico“ damit verratet ihr nicht gleich, dass ihr Touris seid- Tipp von Ekkehard.
Die Kinder an der Schule haben im Großen und Ganzen gut mitgemacht. Sie hatten durch den hohen Zuckerkonsum stark zerstörte Gebisse. Als wir in die entlegenen Dörfer kamen, hatten die Kinder zum Glück bessere Zähne! Wir denken, dass es daran liegt, dass sie weniger Zucker konsumieren.
Wir sind in die Klassen gegangen, haben die richtige Zahnpflege erklärt und gezeigt. Die Kinder bekamen ebenfalls Zahnbürsten von uns geschenkt und kleine Tuben Zahnpasta. Unser tägliches Arbeiten bestand aus Extraktionen, Füllungen und Zahnreinigungen. Sandra betreute uns beide frisch-approbierte Zahnärzte stets motiviert und gut gelaunt. Die Zeit verging wie im Flug und schon wurde ausgelost, wer wohin kommt. Uns traf vierzehn Tage Sayanchaca und vierzehn Tage Paraqty. Beides mini, klitzekleine Dörfchen in der Nähe von Zudañez. OMG! So ein Schock! Nichts. Es gab wirklich nichts in den Dörfern, nicht einmal einen Kiosk. Man konnte sich absolut nichts kaufen. Keine Kneipe oder Restaurant oder Ähnliches. Handy-Empfang gab es nur oben auf einem Berg!
Der anfängliche Schock war aber schnell überwunden, denn es gab viel zu tun. Nach einer Woche Arbeit hatte sich in den umliegenden Dörfern herumgesprochen, dass deutsche Zahnärzte da waren und dass wir gut arbeiten. Wir hatten unglaublich viel zu tun und dankbare, tapfere und nette Patienten. Insgesamt muss man sagen, dass die bolivianischen Patienten sehr viel mitmachen und das, obwohl sie zum Teil zum ersten Mal beim Zahnarzt sind.
Nach einer Woche Sayanchaca habe ich das Dorf ins Herz geschlossen. Frische Luft, ein wunderschöner Nachthimmel, kein Handy und sehr nette Menschen.
Am Ende dieser Woche mussten wir uns von Sandra verabschieden und es kam der nächste Zahnarzt: Bernd.
Bernd lebte sich schnell ein und war sehr beliebt unter den Kindern. Sie hatten noch nie einen so blonden und großen Mann in ihrem Leben gesehen. Hagen und Bernd spielten jeden Abend mit den Kleinen Fußball.
Es verging eine weitere Woche und wir waren in Paraqty. Landschaftlich hatte Paraqty viel zu bieten mit seinen tollen Bergen, auf denen wir ein paar Mal wandern waren.
Auch hier gab es viel zu tun und wir konnten, nachdem wir unsere mobile Praxis im Puesto de Salud eingerichtet hatten, direkt loslegen. Abermals konnten wir zahlreiche Füllungen und Extraktionen durchführen. Bernd war äußerst motiviert, sein Wissen weiterzugeben und wir profitierten wieder einmal von einem tollen Kameraden mit Erfahrung. Jeder Zahnarzt arbeitet etwas anders und wir hatten das große Glück, zwei unterschiedlichen Kollegen über die Schulter schauen zu können. Das Projekt bietet auch fachlich viel!
In Gesprächen mit den Lehrern und mit anderen Bolivianern habe ich erfahren, dass viele Hilfsorganisationen existieren, die nach Bolivien gehen, um zu helfen. Das machte mich glücklich.
Zu den Unterkünften in den Dörfern: sehr einfach gehalten. In Sayanchaca hatten wir funktionierende Schlafplätze. In Paraqty waren die Betten so durchgelegen, dass es schwer war, sich abends zu entspannen und gut durchzuschlafen. Eine warme Dusche und funktionierende Toilette hatten wir ebenfalls nur in Sayanchaca. Wobei es in Paraqty warm genug war, um auch kalt zu duschen. Das Essen war einfach und nicht immer Vegetarier-freundlich.
Es ist gut zu sehen mit wie wenig man auch zurechtkommen kann.
Für mich war es ein tolles Erlebnis gewesen, das ich gewiss nicht missen möchte. Es hat mir viel gezeigt und mich menschlich und fachlich wachsen lassen. Ich möchte mich bei Sandra, Bernd und Hagen herzlich bedanken.
Auch beim FCSM und Ekkehard möchte ich mich bedanken.
Natürlich möchte ich mich ebenfalls beim DAAD und ZAD bedanken, denn durch die finanzielle Unterstützung wird dieses Projekt gerade für Studenten möglich gemacht.
Geht nach Bolivien, ihr werdet es nicht bereuen! Ich möchte wieder nach Bolivien/Südamerika zurück. Dann als erfahrene Zahnärztin in einem der Projekte. Viva Bolivia!
Amira Valipour
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