Schmittner, Fabian
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Bolivia movil + Huancarani 19.08. - 27.09.2019
Durch einen Studienkollegen wurde ich auf den FCSM aufmerksam und war nach kurzer Recherche sofort vom Projekt „Bolivia movil“ begeistert. Ein Jahr vor dem Projektstart schickte ich meine Bewerbung für einen der begehrten Plätze an den FCSM und war sehr erfreut, als dann nach längerer Wartezeit die Bestätigung von Ekkehard in meinem Postfach lag. Ich selbst habe zum Zeitpunkt meiner Bewerbung das dritte Studienjahr in Wien beendet.
Am 15. 2019 ging es für mich los. Am Flughafen in München habe ich Daniela (Studentin, ebenfalls 9. Semester, Teamkollegin) das erste Mal persönlich getroffen. Zuvor haben wir uns bereits häufiger unterhalten und gemeinsame Vorbereitungen getroffen. Am Freitag, früh am Morgen sind wir dann sicher in Sucre am Flughafen angekommen und wurden dort von Ekkehard abgeholt. In einem Trufi (einem landestypischen Sammelbus) sind wir zu unserem Hostal "Corona Real" gefahren. Nach einer Erkundungstour um das Hostal sind Hagen und Amira (die beiden Voluntarios aus dem anderen Team) zu uns gestoßen und wir haben uns bei einer leckeren Pizzarole näher kennengelernt.
Am 17. August haben wir gemeinsam mit Norman (Zahnarzt für mein Team), welcher in der Nacht nach Sucre gekommen war, die Instrumente gereinigt und sterilisiert und alle anderen Materialien gerecht aufgeteilt, damit beide Teams mit derselben Ausstattung in den Einsatz starten konnten. Sandra, die Zahnärztin des anderen Teams, ist abends nach Sucre gekommen und so, da für den ersten Arbeitstag alles vorbereitet war, konnten wir den Sonntag zur freien Verfügung nutzen und sind alle gemeinsam nach Tarabuco zum sonntäglichen Touristenmarkt gefahren, auf dem man allerhand Textilien aus der Umgebung kaufen konnte. Allerdings war es fast zu früh, jetzt schon Souvenirs zu kaufen, da man diese noch für die gesamte Projektzeit hätte mitschleifen müssen.
Am Montagmorgen wurde es Ernst. Um 8:30 Uhr sind wir am ersten Arbeitstag in der Schule angekommen und wurden vom Rektor während des wöchentlichen Fahnenappells vorgestellt. Nach der Aufbauphase ging es los mit der Behandlung. Die Arbeitstage in der Schule liefen ziemlich ähnlich ab. Mehrere Kinder werden in den Raum geholt (maximal drei Kinder um einem allzu großen Chaos zu entgehen), eins wird behandelt und mit den anderen wurde Prophylaxetraining gemacht. Es war wirklich sehr erschreckend, was man alles gesehen hat: 6-jährige, deren 6-Jahresmolaren schon komplett verrottet waren, ein vollständig zerstörtes Milchgebiss, usw. beunruhigend ist hierbei aber nicht die Tatsache, dass man solche Fälle gesehen hat, sondern die Häufigkeit, was dem verstärkten Zuckerkonsum und dem geringen Bewusstsein gegenüber der Mundhygiene geschuldet ist. Allein vor der Schule gab es vier Stände, welche Süßigkeiten an die Kinder verkauft haben. So waren wir häufig damit beschäftigt Füllungen zu legen und verrottete Zähne zu extrahieren.
Die Wochenenden standen uns zur freien Verfügung. Leider war ich das zweite Wochenende krank und konnte somit so gut wie nichts machen. Die anderen haben an diesem Wochenende einen Trip in die Salar de Uyuni gemacht oder sind zum Silberberg nach Potosi gefahren. Im Laufe der zweiten Woche hat es allerdings jeden aus dem Team mal erwischt, da der Körper einfach irgendwann ein paar Tage gebraucht hat, um mit den neuen Lebensumständen zurecht zu kommen.
Ekkehard hat uns im Laufe der zweiten Woche vom stationären Projekt in Huancarani erzählt und dem Problem, dass der FCSM momentan keinen Zahnarzt für das Projekt hat. Mein Team hat dann nach dem Münzwurf die Bestätigung gehabt, dass wir das Projekt in Huancarani wieder starten und Leben in das dortige Consultorio bringen durften. Somit haben wir nach zwei Wochen unsere Praxis in der Schule abgebaut und unser Equipment wieder in das Lager einquartiert. Am Samstag haben wir eine geführte Wanderung entlang eines Teils des Inkatrails gemacht. Der Tag des Fußgängers, an dem von 8 bis 18 Uhr keine Autos fahren durften, ist unserem Vorhaben tagsüber nach Huancarani zu fahren etwas in die Quere gekommen und so haben wir den Sonntag noch auf den Straßen von Sucre verbracht und konnten die deutlich bessere Luftqualität genießen. In der Nacht jedoch ging es dann los Richtung Cochabamba und von dort mit dem Taxi nach Huancarani. Daniela, Norman und ich waren sehr angetan von dem Cama Schlafbus, den Ekkehard für uns gebucht hatte. In diesem konnte man die Sitze bis auf ca. 165° verstellen und lag somit fast waagrecht im Bus.
Nach dem Frühstück machten wir uns mit der Ausstattung der Praxis vertraut. Diese konnte sich wirklich sehen lassen und stand einer Praxis in Deutschland in fast nichts nach. Es sollte ein komplett anderes Arbeiten wie in den ersten beiden Wochen werden. Direkt neben dem Consultorium stand das Haus mit der Wohnung für uns Voluntarios. Unter uns wohnte die gute Seele des Anwesens, Doña Adela mit ihren beiden Söhnen Henry und Wilfredo. Sie sorgte dafür, dass wir jeden Mittag und Abend eine warme Mahlzeit bekamen und hatte immer ein offenes Ohr für uns. Ebenfalls auf dem Gelände war ein voll ausgestattetes Zahnlabor, welches mein Zahntechnikerherz höherschlagen ließ. Ekkehard hat jedoch die kleinen Reparaturen, welche in der ersten Woche angefallen sind, übernommen, da momentan kein Techniker vor Ort war und ich mich ja als Assistenz und nicht als Techniker in Bolivien angemeldet hatte. Das Arbeiten in Huancarani war dann doch etwas abwechslungsreicher als in den ersten beiden Wochen, da die Ausstattung deutlich besser war und wir sogar ein Röntgengerät hatten. Auch waren die Patienten nicht mehr nur Kinder, sondern aus allen Altersgruppen vertreten.
Am Ende der dritten Woche mussten wir uns von Norman verabschieden, dessen Platz dann von Georg eingenommen wurde. Beste Voraussetzungen um sich kennenzulernen bot das Dorf an diesem Wochenende, da von Samstag bis Montag fast rund um die Uhr ein Dorf-Fest gefeiert wurde. Daniela, Georg und ich haben uns dann am Abend ins Getümmel geworfen und haben relativ schnell Bekanntschaft mit den Traditionen und traditionellen Getränken der Bolivianer gemacht. Es war ein sehr schönes Fest und es wurde bis spät in die Nacht ausgelassen zu lateinamerikanischen Rhythmen getanzt.
Die vierte Arbeitswoche war wieder etwas Besonderes, da Daniela und ich uns erst wieder auf das Arbeiten mit einem neuen Zahnarzt einstellen mussten. Jeder arbeitet anders und hat seine eigenen Angewohnheiten. Nichtsdestotrotz haben wir sehr gut und schnell zueinander gefunden. Am Mittwoch haben wir dann Ekkehard verabschiedet, für den die Zeit in Bolivien vorbei war. Am Freitag mussten Daniela und ich nach Cochabamba zum Migrationsamt fahren, um unser Visum um 30 Tage verlängern zu lassen. Insofern war die Praxis am Vormittag geschlossen.
Am Tag darauf sind wir zur Inkaruine Incaracay in der Nähe von SipeSipe gewandert und am Sonntag hatten wir eine geführte Wanderung zum Pique de Tunari, welche bis auf 5.030 Meter ging.
An unserem letzten gemeinsamen Wochenende sind Georg, Daniela und ich noch nach Villa Tunari gefahren, um etwas von den Tropen zu sehen und haben dort eine Rafting-Tour und eine Regenwaldwanderung gemacht. Währenddessen sind Florian und Katja in Huancarani angekommen, welche uns dort von dem Projekt ablösen sollten. In der letzten Woche waren wir also etwas überbesetzt und so habe ich doch noch Fertigkeiten als Zahntechniker einbringen können und habe die Reparaturen, welche in dieser Woche angefallen sind, mit Freude übernommen. Durch die Überbesetzung war es Daniela und mir möglich, etwas früher unsere Reise durch Bolivien /Peru anzutreten und wir verabschiedeten uns schweren Herzens von Doña Adela und Georg und übergaben Florian und Katja die Leitung des Consultorios.
Jeden, der ein solches Projekt anstrebt und auch durchführen darf, kann man nur beglückwünschen. Es ist eine wahnsinnige Erfahrung und macht einfach nur super viel Spaß.
Hierbei möchte ich mich vor allem bei Ekkehard und dem FCSM bedanken, die es mir möglich gemacht haben, diese Erfahrungen und Eindrücke sammeln zu dürfen. Des Weiteren bedanke ich mich bei Daniela, Norman und Georg, mit denen es ein super entspanntes und interessantes Arbeiten war, und welche durch ihre Art dieses Projekt einfach zu einem besonderen Erlebnis gemacht haben, welches ich nie vergessen werde.Fabian Schmittner