Schmidt, Marlene
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Huancarani, 06.02. - 24.2.2023
Der Rucksack
stand schon seit einer Woche gepackt in der Ecke und die Gedanken kreisten, ob
man nicht doch etwas Wichtiges vergessen hätte. Das Abenteuer Huancarani konnte
beginnen und so ging es nachts zum Flughafen. Als wir in Cochabamba ankamen,
erwartete uns schon Will, zeigte uns wo wir eine Handykarte kaufen konnten,
noch schnell Geld abgehoben und dann fuhren wir in Richtung Huancarani.
Das
Wochenende nutzen wir um uns einzuleben, Doña Adela kennenzulernen, die Gegend
zu erkunden, uns von Julia und Svenja die Praxis zeigen zu lassen und mehr über
die Behandlungsabläufe und Patienten zu erfahren. Montag ging es dann endlich
los. Das erste Mal Mittagessen bei Doña Adela; sehr sehr lecker, gesund und
typisch bolivianisch. Gestärkt gingen wir in den ersten Behandlungsnachmittag.
Henry hatte bereits die Liste der Patienten fertig, verteilte noch die
Fragebögen für die Neupatienten und wir bereiteten die Zimmer vor. Noch schnell
das Zahnarztspanisch wiederholt und dann kam der erste Patient auch schon auf
den Stuhl.
Zusammen mit Julia und ihren guten Spanischkenntnissen verging der
erste Nachmittag wie im Flug. Zum Behandlungskontingent gehören Füllungen
(Tapas), Extraktionen, Endos an einwurzligen Zähnen und Interimszahnersatz
(Placas), welcher sehr begehrt ist. Das Projekt FCSM Huancarani ermöglicht es
durch das Zahlen eines für bolivianische Verhältnisse eher symbolischen Preises
für die Placas, jeden Patienten mit Plastprothesen zu versorgen. (Zum Vergleich
eine OK und UK MGP kosten normalerweise zwischen 3000 und 4000 Dollar, wie uns
ein ausgewanderter Deutscher erzählte.) In Zusammenarbeit mit Werner
(Zahntechniker) konnten wir so die Arbeiten der vorangegangenen Zahnärzte
beenden, teils unsere ZE-Arbeiten eingliedern und die ersten Schritte für die
nächsten Zahnärzte beginnen. Wenn ein Zwischenschritt mal nicht einwandfrei
passte, weil die Patienten sich nur selten an ausgemachte Termine halten können
und so zwischen den Behandlungsschritten oftmals mehrere Wochen liegen, wurde
gemeinsam in Absprache mit Werner immer eine Lösung gefunden.
Das Behandeln von
Kindern stellte sich für mich einfacher als in Deutschland heraus. Kaum
verweigerte ein Kind die Behandlung oder hatte Angst vor der Spritze oder dem
Bohren. Wichtiger als die Behandlung der kariösen Milchzähne oder bleibenden
6er war die Aufklärung der Eltern über Mundhygiene, die Notwendigkeit des
Nachputzens bzw. überhaupt des Putzens der Kinderzähne (weil nicht notwendig,
weil die fallen doch eh aus…) und die erosive Wirkung von Cola und anderen Softgetränken.
Die Behandlung von Kindern bis 12 Jahren ist kostenlos.
Eine Füllung
und eine Extraktion kosten sonst jeweils 10Bs (entspricht 1,30 €), eine Placa kostet im Grundpreis
inklusive eines Zahnes 50Bs und für jeden weiteren Zahn 10Bs, eine Endo 30Bs und
ein Röntgenbild (ZF) 5Bs. Das Geld wird nach jeder Behandlung kassiert und
auch nach dem ersten Abdruck für ZE. Bei größeren Beträgen gibt es auch die
Möglichkeiten der Anzahlung, einfach im Computerprogramm vermerkt und den
Patienten beim nächsten Besuch erinnert. Das Röntgen ist dort für alle jungen Zahnärzte
sicher ein kleines Highlight. Nachdem man selber den Zahnfilm im Mund
einbringt, den Röntgenarm einstellt und den Auslöser mit genügend Abstand bei
geschlossener Tür im Flur betätigt, geht es auch selber ans Entwickeln mit
kleiner Dunkelkammer und Drei-Schalen-System mit Entwickler, Wasserbad und
Fixierlösung.
Nach meinen
drei Wochen in der Klinik, in denen man alles bis auf die Endreinigung der
Böden und das Sterilisieren der Instrumente selber machen musste, lernt man die
Arbeit der Helferinnen zu Hause auf jeden Fall wieder mehr zu schätzen.
An den
Wochenenden unternahmen wir kleine Ausflüge. Der Toro Toro Nationalpark kann
auch an einem Wochenende bereist werden. Wir hatten das Glück, dass durch den
Karneval ein verlängertes Wochenende zum Reisen anstand. Wir besichtigten Uyuni
und die größte Salzwüste weltweit und verschiedene Lagunen und andere Spots.
Wer die Möglichkeit hat, nicht nach vollendeter Arbeit gleich wieder nach
Deutschland zu fliegen, sollte noch etwas Zeit in Bolivien zum Rumreisen
nutzen. Es lohnt sich!!!
Marlene Schmidt