Schniedertöns, Anna
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Bolivia movil
Februar-März 2016
Lange war es nur eine Idee die in meinem Kopf herum irrte, ich gehe nach Bolivien. Doch als
der fast fertig gepackte Koffer vor meinen Füßen lag und ich verzweifelt noch
Platz für zahnmedizinische Produkte suchte, wurde mir mit Freude klar...es geht
bald los.
Nervös saßen meine mitreisende Flavja und ich am Flughafen
und warteten darauf, dass unsere Flugnummer endlich aufgerufen wurde.
Wir drückten uns die Nasen an den Fensterscheiben platt, als
das Flugzeug zur Landung in Sucre ansetzte.
Sehr freundlich wurden wir im Hostal empfangen und machten
erste Bekanntschaft mit unserer ärztlichen Mitstreiterin, die wir bislang nur
aus Emails kannten. Zusammen erkundeten wir die Stadt und fühlten uns ein in
die neue Welt und Kultur.
Am Montag den 15.02 ging es auch schon los zu unserem ersten
Einsatzort, eine Schule in den Randgebieten von Sucre. In Azarri wurden wir vom
Schulleiter, den Lehrern und allen Schülern herzlich aufgenommen und schon
sehnlichst erwartet. Ein großes Klassenzimmer wurde bereitwillig zur Verfügung
gestellt und alle halfen mit, unsere Materialien an den passenden Ort zu
bringen.
Nach fast einer Stunde konnten wir auch schon mit unserem
ersten Patienten beginnen und waren im ersten Moment , trotz Vorbereitung,
etwas überrascht, dass unsere Hilfe hier so offensichtlich benötigt wurde. Dies
entmutigte uns aber keinesfalls, sondern wir machten uns direkt ans Werk.
Die kleinen Patienten waren sehr geduldig und warteten mit
Vorfreude auf ihre Behandlung.
Die Befunde sahen oft sehr ähnlich aus, tief zerstörte Zähne
im Unterkiefer Molaren Bereich schlechte Mundhygiene und dadurch bedingt starke
Gingivitis.
Unser Therapieplan sah wie folgt aus: Wir behandelten die
bleibenden kariösen Zähne, sofern dies noch möglich war, mit Füllungen, machten
eine Zahnreinigung und fluoridierten am Ende der Sitzung mit Elmexgelee.
In großen Gruppen, mit circa zehn Kindern führten wir
Zahnputztraining durch und zeigten wie Zahnbürste, Zahnpasta und Zahnseide zu
benutzen sind.
Wir waren untereinander sehr gut organisiert und schon nach
wenigen Tagen ein eingespieltes Team.
Auch nach der getanen Arbeit saßen wir zusammen, um bei
einem Glas gutem bolivianischen Rotwein den Tag Revue passieren zu lassen.
So vergingen die ersten Tage wie im Flug und unsere Arbeit
in Azarri neigete sich dem Ende zu.
In der zweiten Woche lernten wir unseren Fahrer Edwin kenne.
Er informierte uns über den Ablauf der
weiteren Wochen und fungierte als Bindeglied zwischen den Lehrern der Schule
und uns.
Nach etwa zwei Stunden Fahrt kamen wir in Cienega, eine
halbe Stunde vor Tarabuco, an.
Hier bauten wir unsere Ausrüstung in einer kleinen Praxis,
neben einer Schule auf.
Auch hier war der Ansturm groß und wir begannen zügig mit
den Behandlungen.
Täglich untersuchten wir circa zwanzig Schüler im Alter von
sechs bis siebzehn Jahren. Da hier nur drei Tage vorgesehen waren, legten wir
uns ins Zeug, sodass wir möglichst vielen Kindern helfen konnten, denn auch in
dieser Schule war der Bedarf an Behandlung der Zähne groß.
Freundlich wurden wir zum Abschluss in die Schule eingeladen
und Lehrer wie auch Schüler dankten uns für unsere Arbeit.
Dann ging es auch schon weiter, unsere Ausrüstung war verstaut
und wir fuhren mit Edwin nach Sarufaya.
Die Anfahrt war sehr abenteuerlich und es führte uns durch Flüsse und über
unbefestigte Straßen.
Hier arbeiteten wir in einer Art Internat, indem die Kinder
und Jugendlichen in der Woche untergebracht und verpflegt wurden, da die
Anreise aus ihrem Heimatdorf oft zu weit ist, um zur Schule zu gehen.
Während zwei von uns behandelten, führte die andere
Putztraining in den Klassen durch und erklärte den gespannt zuhörenden Kinder
wie Zahnbürsten zu benutzten sind und demonstrierte den Gebrauch von Zahnseide
und Zahnpasta.
Am Nachmittag kam eine kleine Patientin im Alter vom fünf
Jahren, sie hatte starke Schmerzen.
Nach reiflicher Untersuchung, kamen wir zu dem Entschluss,
dass sie in einer auswertigen Praxis behandelt werden sollte, da der Milchzahn
tief zerstört war und sich dadurch bedingt ein Abszess gebildet hatte.
Wir Verabreichten ihr Antibiotika und gaben der Lehrerin,
die sie begleitet hatte, Anweisungen zur Einnahme und des Weitern Vorgehens.
Auch hier war unsere Arbeit nach zwei Tagen getan und wir
hinterließen strahlende Gesichter.
In der dritten Woche führte unser Weg in die abgelegenen
Dörfchen Pàraqty und Sayanchaca.
Edwin zeigte uns auch hier die Schulen, stellte uns den
Lehrern und den Schülern vor und zeigte uns, wo wir unsere Utensilien
unterbringen konnten.
Die vierte Woche verbrachten wir vier Stunden entfernt von
Sucre. In Mojocoya waren wir in einer Schule untergebracht und behandelten in
dem dort errichteten Krankenhaus.
Hier lernten wir bolivianische Zahnärzte kennen und
behandelten zusammen. Die dort ansässigen Zahnärzte waren sehr interessiert,
schauten uns über die Schulter und fragen nach unseren Behandlungsmethoden.
Die letzte Woche verbrachten wir wieder in einer Schule in
der Hauptstadt Sucre.
Wir gaben nochmal alles und versuchten auch hier, den
Kindern so gut wie möglich die Kunst des Zähneputzens näher zu bringen.
Nach getaner Arbeit sortierten wir unsere Utensilien,
machten eine Bestandsaufnahme und räumten alles wieder an seinen vorgesehenen
Ort zurück.
Die Zeit in Sucre verging sehr schnell. Ich habe viel
gelernt, sowohl was das Handwerk des Zahnarztes angeht, als auch der Umgang mit
Kindern und einer ganz anderen Kultur und Lebensweise.
Wir wurden sehr gut betreut und haben uns als Team super
verstanden.
Ich würde jeder Zeit wieder bei solch einem tollen Projekt
mitwirken.
An dieser Stelle möchte ich auch nochmal einen Dank an Ekkehard
, Edwin und alle anderen Personen aussprechen, die dieses Projekt erst möglich
machen und uns die Chance geben in Bolivien zu arbeiten, um dort so vielen
Menschen helfen zu können.
Anna Schniedertöns