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Müller, Maria Helene

Erfahrungsberichte > Archiv
Huancarani,  23.01.- 23.03.2019

Der Flieger landet mit ein wenig Verspätung. 9.20 Uhr ist es in Deutschland, als ich im Gang des Flugzeugs stehe und darauf warte dass sich die fünfundzwanzig Reihen vor mir leeren. „25“ heißt übrigens veinticinco auf Spanisch, zumindest glaube ich das. Den Sprachkurs habe ich definitiv nötig. Die ersten anderthalb Wochen wohne ich bei Marina im Viertel Juan XXIII und besuche für je fünf Stunden Einzelunterricht neun Tage lang die Sprachschule Runawasi.
Thika, Tochter von Janine und Joaquín und gleichzeitig Profesora an der Escuela, bringt mir hier innerhalb kürzester Zeit die Grundlagen der spanischen Grammatik bei und macht mich fit für die Behandlung. Sprachschule und Gastfamilie erleichtern nicht nur das Überwinden der Sprachbarriere. Nach den 12 Tagen in Cochabamba hat sich mein Magen auf die hiesige Kost eingestellt, die 30 Grad Temperaturdifferenz mit Deutschland sind auch verdaut und mit Trufi und Co. wurde ich vertraut gemacht.
Sonntag nachmittag holen mich Thika, Ronald und ihre Söhne ab. Die Fahrt führt uns über Quillacollo und Vinto, wo wir schließlich die Carretera Richtung Osten verlassen und die Dorfstraße von Huancarani entlangfahren. Überall Hunde, Hühner, Menschen in der traditionellen Kleidung.
Wir kommen nach ungefähr einer Stunde Fahrt am Consultorio an. Ein riesiges Gelände auf dem neben der Pirwa, einem Kulturzentrum für Kinder, noch die Unterkunft der Voluntarios über dem Appartement von Doña Adela, ein Gewächshaus, das Labor, die Praxis und vieles mehr steht. Im Nachbargrundstück muht eine Kuh.
Punkt zwei öffnen wir am Montag nachmittag unsere Pforten und legen Kompositfüllungen, extrahieren fleißig und füllen sogar den ein oder anderen Kanal ab. Auch Interimsprothesen und totale Prothesen, die sogenannten Placas, stellen wir für die Patienten her, als HaJo unser Team, bestehend aus Ekkehard, Herbert und mir für vier Wochen vervollständigt. Während der Behandlungen gab es immer mal wieder die ein oder andere technische Störung. So gibt die chirurgische Absaugung zwischenzeitlich ihren Geist auf, die Winkelstücke tropfen oder die Schalter der Rückenlehne streiken. Doch das bekommt man alles durch die detaillierten Anleitungen im blauen Ordner oder durch Schnippen gegen die richtigen Teile der Platine wieder hin.
In der Mittagspause hat Doña Adela für uns gekocht. Diesen Luxus haben wir hier von Montag bis Freitag sowohl mittags als auch abends. Typisch bolivianische Küche mit viel Gemüse aus dem eigenen Garten. Danach nimmt mich Ekkehard mit auf einen kurzen Spaziergang und zeigt mir die eben entstehende Bahnstrecke von Suticollo, über Huancarani nach Cochabamba. Die Sonne ist wunderbar stark und warm. Gute Voraussetzungen um genug warmes Wasser zum Duschen zu haben.
Wir kommen vorbei am kleinen Laden von Doña Petri, die durch ein kleines Fenster auf Hüfthöhe so allerhand Nützliches verkauft. Fünf kleine Brote kosten hier 2 Bolivianos. Sie verlangt immer noch Pesos, obwohl es den seit 1987 nicht mehr gibt. 2 Bolivianos sind ziemlich genau 0,25 €. Verrückte Welt. Eine Füllung kostet bei uns auch nur 1,25 €.
Am ersten Wochenende besuchen wir Villa Tunari. Gerade einmal vier Stunden dauert die Fahrt in den tropischen Teil von Cochabamba. Am Ende des kleinen Dörfchens liegt ein Wildtierschutzgebiet. Es soll hier besonders viele Affen geben.
Wir haben einen fast einstündigen Aufstieg hinter uns, als der Platzregen uns Sonnenschutz, Schweiß und Repellentien abwäscht. Wir flüchten uns in die überdachte Hütte auf dem Gipfel und bekommen bald Besuch von sechs sehr lauten Spinnenaffen. Beeindruckend, diese ohne Gitter von so nah betrachten zu dürfen.
Der Regen hört nach einer Stunde endlich auf und das wolkenverhangene Tal wird sichtbar. Rechts am Horizont erheben sich die Dreitausender, links die sanften Hügel mit dem dichten grünen Regenwald. Dazwischen schlängelt sich das breite Delta des Flusses Chapare, der Villa Tunari umgibt. Der Ausblick ist atemberaubend. Wir genießen Ihn mit zwei Affen, eh wir uns an den Abstieg wagen.
Auch Cochabamba bietet mit der Plaza Principal, dem Prado, der zweitgrößten Christusstatue der Welt und allerhand Restaurants ein lohnenswertes Ziel für einen Wochenendausflug. Genau wie der Parque Ecoturistico Pairumani, nordwestlich von Quillacollo.
Mit Inlandsflügen und Nachtbussen, die schon Freitagabend das Busterminal in Cochabamba verlassen, kann man kurze Städtetrips nach La Paz, Sucre, Santa Cruz, Tarija etc. umsetzen, aber auch eine zweitägige Jeeptour über den Salar de Uyuni schaffen.
Das Karnevalswochenende bot mit seinen vier Tagen ausreichend Zeit, um, beginnend in La Paz, die Schilfinseln/Islas flotantes vor Puno, Perú, die Islas del Sol & de la Luna im Titicacasee und Copacabana zu besuchen.
Maria Helene Müller
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