Rasthofer Daniela
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Bolivia movil, vom 19.02.-23.03.2018
Sebastian und ich entschieden uns für das Projekt „Bolivia movil“ des Förderkreises Clinica Santa Maria (FCSM), da der Zeitraum für uns ideal, Wetter und Reisebedingungen gut und die Möglichkeit bestand, sehr viel Spanisch zu lernen. Die Reisevorbereitungen betrafen unter anderen die Auswahl an richtigen Kleidungsstücken (nicht zu kalt, nicht zu warm, Regen-und Daunenjacke, feste Schuhe) als auch das Sammeln von Materialspenden und die Beantragung des Reisekostenzuschusses des DAAD. Wir besuchten einen VHS Spanischkurs und nahmen zusätzlich vier Wochen Privatunterricht bei einer Spanischlehrerin. Insbesondere der Privatunterricht hat sich wirklich gelohnt und hat sich während des Arbeitens in Bolivien ausgezahlt, da die Einheimischen nur Spanisch und teilweise in ländlicheren Regionen sogar nur Quechua sprechen. Wir empfehlen außerdem – wenn es sich zeitlich einrichten lässt - eine angemessene „Akklimatisierungszeit“ (circa eine Woche) in Bolivien aufgrund der Höhe von knapp 3.000 m in Sucre als auch um Land, Kultur, Menschen und Essen etwas besser kennenzulernen.
Eine Woche vor Projektbeginn sind wir nach La Paz geflogen und haben die Großstadt erkundigt. Danach ging es mit einem Nachtbus vom Busterminal in La Paz nach Sucre, wo wir im vorher kommunizierten Hostal „Corona Real“ in einem sehr einfachen, aber sauberen Zimmer für die nächsten zwei Wochen untergebracht wurden. Leider mussten wir feststellen, dass die Dusche 2 Wochen lang eiskalt war und leider blieb! Am Wochenende vor Projektbeginn trafen wir unsere Mitstreiter Lukas aus Erlangen und Helena+Sophie aus Mainz. Zusammen wurden alle Instrumente sortiert, gereinigt, geordnet und aufgeteilt, sowie ggf. fehlende Materialien (insbesondere Verbrauchsmaterialien) nachgekauft. Alle Instrumente mussten sterilisiert und verpackt werden. Nehmt euch für das Wochenende vor dem Projektstart also nicht zu viel vor.
Dann war das Wochenende auch schon rum und am Projektmontag ging es um 7:30 h los. Wir wurden von Edwin – ein Mitarbeiter von „Fey y Alegria“ – in einem Pickup abgeholt. Wie sich später herausstellte, arbeiten die Volontäre des FCSM für Schulen der Organisation „Fey y Alegria“ an mehreren Standorten. Edwin, ein liebenswerter, freundlicher Harley Biker begleitete unser Team in die verschiedenen Schulen und wir unternahmen zusammen mit seiner Freundin auch einige Ausflüge. Dentale Einheiten und Materialien wurden aufgeladen und wir fuhren zu unserer ersten Projektschule in Sucre etwa 20 min durch den chaotischen Morgenverkehr. In der Schule angekommen, wurden wir von den beiden Direktoren freundlich begrüßt und es wurde uns ein Klassenraum für unsere Behandlung zugeteilt. Anschließend wurden wir beim montäglichen Morgenapell von allen Schülern begrüßt - legt euch also ein paar spanische Worte bereit ;)
Wir gingen danach ans Werk und hatten uns drei Behandlungsplätze aufgebaut. Die Direktoren der Schulen waren stets freundlich und bemüht. Die Lehrer der Klassen schickten uns auf wiederholte Nachfrage Schüler für die Behandlung. Mit Klassenlisten kamen wir der Bitte der Direktoren am Anfang noch nach nur Kontrolle durchzuführen, um den Behandlungsbedarf abzuschätzen. Das war jedoch unseres Erachtens verlorene Zeit, da fast jedes Kind Karies hat und eine Behandlung dringend benötigt. Es sollten v.A. älteren Schülern mit bleibenden Zähnen in Bezug auf eine Quadranten- oder Gesamtbehandlung Vorrang gegeben werden. Bei älteren Schülern (>10 Jahre) ist die Kommunikation und das Verständnis deutlich erleichtert und man kann wesentlich einfacher und schneller arbeiten. Zudem sollte der Zahnerhalt der bleibenden Zähne im Vordergrund stehen. Unsere Schüler waren an beiden Schulen deutlich jünger (6-max 12 Jahre) und so brauchten wir deutlich mehr Zeit um einen Befund zu erheben und eine Behandlung dann auch durchzuführen. Im Laufe der Woche haben wir unser Konzept umgestellt und die Kinder Klassenweise von den Lehrern zu uns schicken lassen. Sehr viele Kinder besitzen Fissurenkaries an Milchzähnen und bleibenden Zähnen. Unsere Therapie bestand ausschliesslich aus Kunststofffüllungen. Extraktionen haben wir nur nach schriftlicher Einwilligung der Eltern durchgeführt; Wurzelkanalbehandlungen konnten aufgrund der zeitlichen Knappheit des Projektes nicht sicher durchgeführt werden. Da wir zwei mobile Behandlungseinheiten und eine PZR/Ultraschallstation hatten, konnten wir sehr viel behandeln. Die dritte Person hat abwechselnd assistiert oder Zahnreinigungen/Prophylaxe mit den Kindern gemacht. Mittags waren wir in der Innenstadt von Sucre meistens bei einem typisch-bolivianischen Restaurant, wo es ein sehr leckeres „completo“ für umgerechnet 3€ gab. (Tipp von Edwin) Gegen 18:30 - 19:00 h ging es zurück zum HI- Hostel zum Instrumente sterilisieren und abends waren wir sehr oft zusammen essen.
Die zwei Wochen in Sucre vergingen wie Flug und schon mussten wir unser kleines Consultorio zusammenpacken. Am Sonntagabend ging es dann mit Edwin im Pickup mit Sack und Pack nach Zudanez (ca. zwei Stunden entfernt von Sucre), wo wir die restlichen drei Wochen unseres Projektes verbrachten. Untergebracht waren wir in einem Haus der „Fey y Alegria“. Wir bezogen zwei Zimmer und hatten eine eigene kleine Küche und eine warme Dusche. Die Unterkunft ist in keinem schönen Zustand. Leider waren die hygienischen Gegebenheiten schlecht – Bettwanzen, durchgelegene, Matrazen und ranzige Bettwäsche und es regnete durch das Dach direkt ins Bett. Nach einer gemeinsamen Putzaktion konnten wir es uns etwas gemütlicher machen, es fehlen trotzdem Ausbewahrungsmöglichkeiten und sogar Sitzmöglichkeiten. Dieser Umstand wurde anscheinend noch nicht behoben, da in früheren Erfahrungsberichten auf diese Missstände bereits hingewiesen wurde.
Am nächsten Morgen wurden wir dann erneut beim montäglichen Morgenapell vorgestellt und von den Schülern mit der bolivianischen Nationalhymne begrüßt. Unser „Consultorio“ befand sich mitten in der Schule in einem frisch gestrichenen Klassenzimmer. Die Schule war mit knapp 240 Schülern der sogenannten „Primiero“ (Alter ca. 5-12 Jahre) wesentlich kleiner als in Sucre, aber sehr schön und familiär. Wir wurden von den Schülern neugierig erwartet und von den Lehrern in die Gemeinschaft integriert, was sehr schön war. Insbesondere Karin -Edwins Freundin- hat uns sehr viel bei der Organisation geholfen. Mittags wurden wir teilweise von der Schulköchin mitversorgt oder wir gingen zu einem sehr leckeren Restaurant im Ort. Die Behandlung unterschied sich nicht viel von der in Sucre: die Mundhygiene der Kinder war ebenfalls sehr schlecht und es gab sehr viel zu tun. Die Kinder waren aber wesentlich neugieriger, was sehr schön war und man ihnen viel zeigen konnte, jedoch war es auch teilweise anstrengend, wenn 10 Schüler bei der Behandlung zuschauten und im Hintergrund „Faxen“ machten.
Abends haben wir sehr häufig gekocht, gegrillt und gebacken- sehr zur Verwunderung der Mitbewohner unseres Hauses. Teilweise spielten wir mit den Kindern abends noch Fußball, Mensch-ärger-dich nicht auf dem Schulhof oder gingen mit den Lehrern Essen. An den Wochenenden haben wir teilweise mit dem anderen Team verschiedene Ausflüge in die Umgebung gemacht, welche wir auf jeden Fall empfehlen können, um Land und Leute kennenzulernen. Uns hat insbesondere die Stadt Potosi sehr gut gefallen und die Wanderung über die „Condor trekkers“ nach Maragua. Sucre ist auch sehr sehenswert mit seinen sehr hübschen, weißen Kolonialgebäuden, Innenhöfen, kleinen Cafés und Museen. Zudem kann man mit dem Micro zum „Castello Glorietta“ fahren, (ca. 20 min Fahrt ausserhalb von Sucre) dass auf jeden Fall einen Besuch wert ist.
Zusammenfassend hatten wir mit Lukas eine tolle Zeit in den fünf Projektwochen. Wir haben viel Spanisch gelernt und vor allem wirklich einen Einblick in das Leben der Menschen in Bolivien bekommen. Es hat uns sehr viel Spaß bereitet den Kindern zu helfen und würden ein solches Projekt sofort wiederholen.
Daniela Rasthofer, Sebastian Zwinge