Fajbusiewicz, Kasia
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Huancarani, 02.März - 27. Mai 2022
Mir war schon lange klar, dass ich mich nach dem Studium gerne ehrenamtlich engagieren möchte, um meine Kenntnisse mit anderen Menschen zu teilen. Reich an Erfahrungen aus meinen bisherigen Freiwilligenprojekten in der Dominikanischen Republik, machte ich mich früh genug auf die Suche nach einem Projekt, das meinen Vorstellungen entsprechen würde. So fand ich das FCSM-Projekt in Huancarani. Genaue Informationen, die auf der Website der Stiftung zu finden sind, und einige der Informationen von Ekkehard, veranlassten mich, meine ersten Monate als approbierte Zahnärztin in Bolivien zu verbringen.
Meine Anreise nach Bolivien begann in Düsseldorf, über Madrid ging es weiter nach Cochabamba. Die Reise verlief problemlos. Bei der Reise mit einer Bolivianische Fluggesellschaft (BOA) sollte man sich bewusst sein, dass es kaum Service und kein Entertainment an Bord gibt. Bei meiner Ankunft wurde ich herzlich von Henry empfangen. Er hat mich sofort erkannt und bis nach Huancarani gefahren. Die Fahrt war auch sehr angenehm und wir hatten durchweg eine nette Unterhaltung. Vor Ort wurde ich von Doña Adela und den Volontären: Kathi, Clara, Maike und Pia empfangen. Im Anschluss wurde ich zu meiner Unterkunft geführt und mir wurde das Gelände gezeigt. Den Rest des Tages konnte ich mich von der Reise erholen.
Am nächsten Tag konnte ich mich mit der Praxis und den mir zur Verfügung gestellten Materialen und Instrumenten vertraut machen. Ich war sehr positiv überrascht, da es an nichts gefehlt hat. Den Tag habe ich genutzt, um mir ein Bild von einem routinierten Tagesablauf zu machen. Am selben Tag habe ich auch Will kennengelernt. Will hat die Aufgabe, sich um das Wohlbefinden der Patienten zu kümmern. Darüber hinaus hat er uns als Einheimischer sehr über die sprachlichen und kulturellen Barrieren geholfen und sich darum gekümmert, dass sich alles am richtigen Platz befindet.
In meinem 12-wöchigen Aufenthalt habe ich mich beruflich sehr gut weiterentwickeln können, dies war im Rahmen des Studiums allein nicht möglich. Ich konnte mich an eine sehr vertraute Umgebung in der Praxis gewöhnen, ohne dass der finanzielle Druck im Vordergrund stand.
Durch die Einführung in das Programm war es mir möglich, mich mit erfahrenen Ärzten in dem Fachgebiet intensiv auszutauschen. Dazu zählt Kathi, welche mir die Ästhetik in der Zahnmedizin vermittelt hat. Paulien hat mir die effektivste Weise der Behandlung nahgelegt und viele Tipps und Tricks gezeigt. Danach hatte ich das größte Vergnügen, Ekkehard kennenzulernen und mit ihm zusammenzuarbeiten. Ekkehard ergänzte mein Wissen mit vielen Erzählungen von schwierigen und komplizierten Fällen, hat mich bei komplizierteren Extraktionen begleitet und betreut. Er hat mir erklärt und gezeigt, wie man eine Zahnarztpraxis führt, und wie man komplizierte Situationen löst, die einem jungen Zahnarzt im Wege stehen.
Am Ende meines Aufenthalts arbeitete ich mit Mehmet zusammen, der auch einige seiner langjährigen Erfahrungen mit mir teilte. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich mich im Laufe von 3 Monaten weiter qualifiziert und neue wertvolle Kenntnisse und Erfahrungen in vielen Bereichen der Zahnmedizin gesammelt habe. Die in Huancarani gesammelten Erfahrungen haben sicherlich meine Berufsvorbereitung beeinflusst. Aus meiner Sicht sollte jeder neue Zahnarzt die Chance nutzen und ein Auslandspraktikum machen.
Der Alltag in Huancarani ist sehr friedlich und hat einen geordneten Rhythmus. Die Freiwilligenwohnung ist sehr gut ausgestattet. Das Nötigste kann man in den nahe gelegenen Geschäften (ein paar Gehminuten entfernt) kaufen. Frisches Obst und Gemüse bekommt man im Sipe Sipe. Ums Einkaufen oder Kochen muss man sich aber nicht besonders kümmern, denn unter der Woche kann man sich an der Küche von Doña Adela erfreuen, die sich sehr bemüht, dem Geschmack und den Vorlieben der Freiwilligen gerecht zu werden. Die Gerichte, die Sie zubereitet, sind nicht nur sehr schmackhaft, sondern vor allem vollwertig und gesund. Doña kümmert sich nicht nur um das Kochen - sie hilft bei der Lösung jedes Problems, gibt gute Ratschläge und Unterstützung. Dasselbe gilt für Will und Henry – man kann sich selbst bei der banalsten Kleinigkeit an sie wenden und sie helfen einem immer mit großem Engagement bei der Lösung des Problems. Sie haben auch immer viele Tipps für kleinere und größere Ausflugsmöglichkeiten und leisten eine wunderbare Gesellschaft. Wer sein Spanisch etwas verbessern möchte, kann es bei Thika machen. Der Unterricht hat mir sehr geholfen, meine Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern.
Neben großer Zufriedenheit und beruflicher Weiterentwicklung hat mich Bolivien auch privat in vielerlei Hinsicht gefesselt. In einer Welt voller Konflikte, Kriege, Meinungsverschiedenheiten und des ständigen Strebens nach Perfektion habe ich einen Ort gefunden, der so weit von zu Hause entfernt ist, wo Menschen mir nicht nur die Türen ihrer Häuser, sondern vor allem ihre Herzen geöffnet haben. Wo es Wärme, Freundlichkeit und Freude am Zusammenleben gibt, unabhängig von Status oder Aussehen. Dank der Freundlichkeit und Offenheit von Henry und Will, lernte ich viele neue Leute kennen und hatte die Chance, das echte bolivianische Leben zu erleben.
Ich habe fast alle lokalen Köstlichkeiten probiert und an vielen lokalen Messen und Feiern teilgenommen. Ich habe die meisten traditionellen bolivianischen Tänze gesehen, die zu vielen Gelegenheiten (nicht nur am Karneval) aufgeführt werden.
Die Wochenenden habe ich hauptsächlich mit meinen bolivianischen Freunden verbracht, aber ich habe auch versucht zu reisen. Bereits in der ersten Woche meines Aufenthalts habe ich Uyuni besucht, was ich buchstäblich jedem empfehlen kann - atemberaubende Aussichten! Ich besuchte auch das wunderschöne koloniale Sucre, das historische Herz Boliviens. Eines der letzten Wochenenden verbrachte ich in La Paz, wo ich das Valle de la Luna besuchte, mit einer Teleferico gereist bin und lokale Gerichte probierte. Die größte Attraktion war jedoch Cholita's Wrestling. Es ist eine Veranstaltung, mit der einheimische Frauen nicht nur die Öffentlichkeit unterhalten, sondern auch auf das weit verbreitete Problem häuslicher Gewalt in Bolivien aufmerksam machen wollen.
Als Resümee meines 3-monatigen Aufenthaltes in Bolivien fällt es mir schwer, negative Punkte zu finden. Es war eine schöne und bereichernde Zeit, in der ich mich sowohl persönlich als auch beruflich weiterentwickeln konnte. Obwohl ich zu meiner Familie und meinen Freunden in Europa zurückkehrte, fiel es mir schwer, mich von meinen bolivianischen Freunden zu trennen. Ich bin jedoch überzeugt, dass ich in dieses schöne Land und zu den Leuten zurückkehren werde!
Katarzyna (Kasia) Fajbusiewicz