Carlitz, Anna
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Bolivia movil, 13.08. - 21.09.2018
Nach einer sehr langen, aber auch schönen Wartezeit auf der Sonnenterasse des Flughafens in Santa Cruz, Bolivien, kamen wir etwas müde am 10.08.2018 in Sucre an. “Ihr kommt spät, ich habe fast 2 Stunden auf Euch warten müssen”, meinte Ekkehard zu recht verärgert als er uns in Empfang genommen hatte. “Was will man machen”, dachte ich, “in Südamerika kommt alles immer anders als man denkt.” [Anm.d.Red.: Es ist richtig, ich war verärgert, wenn auch nicht über die aktuelle Verspätung, sondern vielmehr darüber, dass keine der 4 Voluntaria mich über die lange vorher erfolgte Flugplanänderung informiert hatte, weswegen meine Wartezeit knapp 4 Stunden betrug]
Mit dem Trufi fuhren wir gemeinsam mit Lena, Tini und Jana (die alle mit mir aus Münster nach Bolivien geflogen waren) ins berühmte Hostal “Corona Real”. Die erhoffte warme Dusche war leider eher kurz vor dem Gefrierpunkt, was jedoch dank Ekkehard für die Zukunft schnell mit einem Tipp behoben werden konnte: Der Duschkopf ist gleichzeitig der Durchlauferhitzer, wenn man zu viel Wasser aufdreht wird es eben kalt. Deswegen nur wenig aufdrehen und auf das “rauschen” warten. Kaum macht man es richtig, klappt es auch!
Sucre ist wunderschön und zurecht ein Teil des UNESCO Weltkulturerbes. Die Innenstadt ist komplett weiß gestrichen und obwohl es die offizielle Hauptstadt des Landes ist, doch angenehm klein und übersichtlich. Das erste Wochenende nach unserer Ankunft verbrachten wir damit, unsere Materialen der nächsten Wochen und die schöne Stadt kennenzulernen. Am Sonntag war für mich ein ganz besonderer Tag, mein Geburstag! Ekkehard lud uns ganz landestypisch zu “Leche con Café" (= Milch mit Kaffee) und “Empanadas de Queso” (= frittierte Teigtaschen die mit Käse gefüllt sind) ein. Lecker!!
Unser Zahnarzt Michi verzögerte sich leider noch ein paar Tage, deswegen durften wir die ersten 3 Tage in unserer Schule “Gualberto Paredes” mit Ekkehard zusammen behandeln. Es war toll, er zeigte und erklärte Jana und mir alles was er tat und auch wenn wir anfangs eher zusahen, lernten wir doch jede Menge in diesen ersten drei Tagen.
Die Zähne der Kinder in der Schule waren wie zu erwarten unendlich schlecht, so viel Karies hatte ich wirklich noch nie auf einmal gesehen. Aber auch Zahnstein bei 8 Jährigen war etwas Neues. Auch mit Michi klappte es sofort super, wir verstanden uns gut und gingen jeden Mittag in einer Garage am Straßenrand essen, dort kochte immer eine Frau etwas leckeres, jeden Tag gab es etwas anderes. Was aber nie fehlen durfte: Arroz (= Reis) und Patatas (= Kartoffel). So viele Kohlenhydrate auf einmal sind am Anfang echt nur schwer zu verdauen. Auf die Frage, ob es wohl auch etwas ohne Fleisch zu essen gab, bekamen wir die Antwort : “Ihr könnt Rinderherzen essen, das ist ohne Fleisch!” Haben uns dann doch lieber für etwas anderes entschieden.
Nach zwei Wochen mussten wir uns mit einem lachenden und einem weinenden Auge wieder von den Kindern in der Gualberto Paredes Schule in Sucre verabschieden, vor allem Michi hatte einen ganzen Fanclub mit kleinen Mädels dort gefunden. Zum Abschied wurde für uns gekocht und wir bekamen bei der Mittagsversammlung eine Umarmung von allen Kindern der Schule!
Edwin war unser Fahrer der Organisation Fé y Alegria (zu der auch unsere Schule in Sucre gehört) und brachte uns in das sehr kleine Dörfchen Sarufaya, das etwa 2 Stunden von Sucre mitten im Nirgendwo liegt. Es gab keine asphaltierten Straßen, uns kamen dort Schafsherden und Kühe entgegen und es gab natürlich auch jede Menge Staub. Unsere Unterkunft war ein Zimmer, das wir uns zu dritt teilten, wo genau diese drei Betten, sowie ein Tisch mit einem Stuhl hineinpassten. Draußen im Hof gab es noch einen kleinen Raum wo unser Badezimmer sein sollte. Eine Klobrille haben wir vergeblich gesucht und abgespült wurde mit einem Eimer Wasser der hinterhergekippt wurde. Ich glaube vor allem Jana und Michi waren anfangs doch etwas irritiert von unserer Wohnung.
Schnell lernten wir jedoch die Internatsleiterin des Dorfes, Rocio, kennen, die uns sofort sehr herzlich aufnahm. Sie hatte extra für uns ein paar süße Brote gebacken und zeigte uns alles was wir kennen sollten. Auch die Köchin Albertina empfing uns sehr herzlich und hat die folgenden vier Wochen dafür gesorgt, dass wir alle drei das eine oder andere Kilo zunahmen.
Unser Behandlungsraum dort war Teil der Arztpraxis des Dorfarztes Pablo, der sehr nett und interessiert war und im Laufe unseres Aufenthaltes in Sarufaya dafür sorgte, dass wir immer genug Patienten hatten.
Zeitgleich mit uns waren noch Voluntäre aus einer Schule in Sucre dort, die für 10 Tage im Dorf gemeinnützige Arbeiten (wie Streichen, pflastern, etc.) erledigten.
Leider führte das dazu, dass die Kinder des Internates und der Schule etwas überfordert waren vom Angebot der Freiwilligen, sodass wir ziemlich wenig zu tun hatten in unserer mobilen Praxis und regelmäßig den Schulleiter nach neuen Patienten fragen mussten. Dieser schien leider nicht ganz so interessiert daran zu sein uns wirklich weiterzuhelfen, sodass es am Ende Pablo war, der die kleinen Kinder und alten Omis zu uns zur Behandlung schickte. Das war uns jedoch nur recht und so machten wir dort unsere “Limpiezas” (= Zahnreinigungen), “Tapas” (= Füllungen) und mussten auch den ein oder anderen morschen Zahn “sacar”) (= ziehen).
Die Regelung, bei unter 18-Jährigen nur Zähne mit der Einverständniserklärung der Eltern zu ziehen wurde stets befolgt, bloß bei einer 15-Jährigen mit ihrem 6 Monate alten Baby machten wir mal eine Ausnahme. Wer Kinder in die Welt setzen kann, darf auch über seine eigenen Zähne entscheiden!
Am Ende der vier Wochen in Sarufaya kannten wir nicht nur alle Straßenhunde, Omas und Kleinkinder des Dorfes, sondern auch noch deren Verwandte aus Nachbardörfern und anderen Provinzen!
Ich möchte mich hier nochmal bei Ekkehard für seine ausgezeichnete Organisation in Bolivien und auch vorher schon in Deutschland bedanken, bei Rocio und Albertina (auch wenn sie dies hier nicht lesen können) dafür, dass ich mich bei ihnen wie zuhause gefühlt habe und bei Pablo, dass er uns immer mit Patienten und Ratschlägen versorgt hat. Danke auch an Michi und Jana, ihr ward das beste Team was ich mir hätte wünschen können und ich bin sehr froh, so eine tolle Erfahrung mit euch teilen zu können!
Anna Carlitz