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Edelmann, Cornelia

Erfahrungsberichte > Archiv
Huancarani 6.11. - 1.12.2017

Im folgenden möchte ich meine Eindrücke und Erfahrungen zusammenfassen, die ich in 4 Wochen Huancarani gesammelt habe. Es war eine sehr spannende Zeit, in der ich einiges gelernt habe und welche mir lange in Erinnerung bleiben wird.
Anreise: Ich empfehle euch am Flughafen in Cochabamba direkt eine Simkarte zu besorgen. Es gibt in Bolivien zwei Anbieter, Entel oder Tigo. Ich hatte eine Karte bei Tigo besorgt, welches zwar eine etwas schlechtere Netzabdeckung hat, also kein Netz in abgelegeneren Ausflugsorten bedeutete, für mich allerdings völlig ausreichend und unkompliziert war.
José (der Taxifahrer) sollte mich am Flughafen abholen. Für den Fall, dass sich kurzfristig die Ankunftszeit ändert, ist es hilfreich die Nummer von Jose griffbereit zu haben. Obwohl ich früher als erwartet in Cochabamba ankam, konnte ich mich direkt bei ihm melden und Bescheid geben.
Arbeit im Consultorio: Die Patienten bekommen keine Termine, sondern kommen unangekündigt zu den Öffnungszeiten ins Consultorio und warten, bis sie behandelt werden können. Bei größerem Patientenaufkommen kann das durchaus mehrere Stunden dauern. Gewohnt die Wartezeiten so gering wie möglich zu halten, war ich durch die Bolivianer vor der Tür zunächst etwas gestresst. Nach ein paar Tagen hatte ich mich daran langsam gewöhnt, die Uhr tickt anders in Huancarani und die Menschen dort warten sehr geduldig.
Während der vier Wochen im November war leider kein Techniker im Haus. Prothetische Arbeiten waren folglich nicht Teil unseres Behandlungsspektrums. Wir mussten einige Patienten auf das nächste Jahr vertrösten. Da schon in jungen Jahren viele Zähne verloren gehen, spielen Prothesen eine nicht unerhebliche Rolle. Wenn ihr im Bekanntenkreis einen Zahntechniker kennt, der Interesse an solch einem Projekt hat, kann ich Huancarani sehr empfehlen. Das Labor sah super aus!
Die Mundgesundheit der Bolivianer ist teilweise katastrophal. Die Bevölkerung dort ist, sofern ich das nach ein paar Wochen beurteilen kann, größtenteils unaufgeklärt, und Karies wird nicht als Erkrankung wahrgenommen. Milchgebisse mit keinem einzigen gesunden Zahn waren keine Seltenheit. Oftmals kommen Eltern mit ihren Kindern erst, wenn Schmerzen vorhanden sind. Dasselbe gilt auch für Erwachsene Patienten. Bei anderen war wiederum der einzige Grund des
Besuchs eine mangelnde Frontzahnästhetik. Trotz eingehender Aufklärung kamen viele Patienten kein zweites Mal während der vier Wochen ins Consultorio. Umso schöner dafür war es, wenn Patienten wiederkamen und eine komplette Sanierung stattfinden konnte.
Mir fiel die Kommunikation anfangs eher schwer. Manchmal dauerte es dadurch etwas länger, bis klar war, mit welchem Problem der Patient zu uns kam, die Behandlung war trotz sprachlicher Barriere aber gut machbar. Ich empfehle jedoch jedem sich noch vor der Reise Grundkenntnisse (falls nicht vorhanden) anzueignen.
Was die Zahnmedizin allgemein betrifft, wurde ich in meiner Berufswahl erneut bestätigt. Es war eine sehr schöne Erfahrung tausende Kilometer weit von der Heimat entfernt, den Beruf ausüben zu können und dabei Menschen zu helfen. Danke an FCSM und im speziellen an Ekkehard Schlichtenhorst, der mich in den Vorbereitungen begleitet hat und auch während der Zeit in Bolivien jederzeit erreichbar war. Auftretende Fragen, die das Consultorio betrafen, konnten wir
allerdings vor Ort klären. Dafür ist es ratsam die Anreise so zu gestalten, dass überlappende Zeit mit den anderen Voluntarios bleibt. Das erleichtert zum einen den Start im Consultorio und auch ein paar Tipps wie das Leben in Huancarani abläuft, sind hilfreich.
Huancarani: Die Einweisung der Vorgänger war zwar äußerst hilfreich, in meinem Fall aber auch etwas verunsichernd. Die Geschichten von geklauten Handys, ausgeraubten Voluntarios, angriffslustigen Hunden und Ähnliches hatten mich etwas desillusioniert. Die eigene Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass man sich sehr gut in Huancarani, Cochabamba und Bolivien generell bewegen kann. Man sollte sich aber durchaus bewusst sein, in einem sehr armen Land unterwegs zu sein und deshalb auch achtsam sein. Keine teuren Wertgegenstände offensichtlich tragen, wichtige Dokumente/Kreditkarten/Handy direkt am Körper aufbewahren. Hier möchte ich auf die Homepage des FCSM verweisen, unter Huancarani -> wichtig Tipps könnt ihr noch mehr dazu lesen.
Das Leben in der WG: Die Wohnung für die Voluntarios ist sehr gut ausgestattet, es ist gemütlich und für die dortigen Verhältnisse sehr luxuriös. Es war spannend, mit so unterschiedlichen Charakteren und auch Altersgruppen zusammenzuleben. Außerdem fand ich es positiv, dass gemeinschaftlich eingekauft und gefrühstückt wurde. Wer seine Ruhe braucht, kann sich aber auch problemlos zurückziehen. Bei Doña Adela hätte ich mir mehr Vielfalt im Speiseplan gewünscht, da sollte man sich vielleicht trauen, Vorlieben offen anzusprechen, das hatte ich nicht gemacht.
Es war super interessant in vier Wochen mir ein Bild von Bolivien machen zu dürfen, welches ich bei einer normalen touristischen Reise so nicht bekommen hätte. Die Menschen hatten für meinen Geschmack manchmal etwas zu wenig Distanz und einen recht herben Umgangston. Das ist aber nur meine persönliche Einschätzung und keinesfalls allgemein gültig, ich bin auch auf sehr herzliche Bolivianer gestoßen.
Landschaftlich hat Bolivien wunderschöne Ecken zu bieten, der Nationalpark Torro Torro, Salar de Uyuni, etc. Hier verweise ich wiederum auf die Homepage vom FCSM. Und wer noch ein bisschen mehr Zeit mitbringt, Outdoorliebhabern kann ich eine Reise nach Patagonien wärmstens empfehlen!! Mich hat es nach der Zeit in Bolivien ganz in den Süden des Kontinents geführt, wo ich derzeit spektakuläre Landschaften genießen darf. Eine gute Vorbereitung und ausreichend/warme Funktionskleidung sind sehr empfehlenswert :-)

Cornelia Edelmann
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