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Haizmann, Lukas

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Bolivia movil, 19.02. – 23.03.18
In den Semesterferien nach meinem achten Fachsemester begann auch für mich das Abenteuer Famulatur in Bolivien mit meinen Teammitgliedern Basti und Dani. Die beiden waren schon approbierte Zahnärzte mit einigen Jahren Erfahrung. Wir lernten uns schon einige Wochen vor der Reise bei einem Telefonat ein wenig kennen, was die Vorfreude auf die Zusammenarbeit nur vergrößerte. Dass unser Behandlungsteam aus zwei Zahnärzten und nur einem Studenten – mir – bestand war wohl eher der Ausnahmefall, für mich jedoch ein großes Glück, da sie mir einmal viel zeigen konnten, mich aber auch meine Erfahrungen recht selbstständig haben machen lassen.
Meine Reise begann bereits eine Woche vor Beginn der Famulatur, in der ich alleine unterwegs war. So hatte ich etwas Zeit, mich im Land einzufinden, die Leute und deren Mentalität kennen zu lernen und auch mein Spanisch, das leider nicht das beste der Welt ist, etwas in Gang zu bringen. Dafür habe ich die meiste Zeit in Sucre und Umgebung verbracht, z. B. eine geführte 3-Tages-Wanderung mit den „Condor Trekkers“, in der ich superviel über Land und Leute gelernt habe. Außerdem habe ich weiterhin Kampfsport betrieben in einem Team in Sucre, das mich ganz herzlich aufgenommen hat und mich sogar auf ein Trainingslager in den Bergen mitnahm. Auf alle Fälle war es zudem sehr hilfreich, gezwungen zu sein, Spanisch zu sprechen. So hatte ich viel Übung bekommen. Eine Alternative zu Spanisch – außer Quechua – gibt es in Bolivien nämlich kaum. (Wer auch vorhat, Spanisch zu lernen, Sucre ist dafür ein richtig guter Anlaufort, da hier viele günstige Kurse angeboten werden und der Dialekt auch nicht sonderlich ausgeprägt ist.)
Als diese Woche dann vorüber war, traf ich Ekkehard und die anderen Voluntarios am Samstag im HI-Hostel, das auch als Lager des FCSM dient, wo wir dann erstmal viel Zeit verbrachten, die Instrumente und Materialien durchzugehen, zu sortieren und auf die beiden Teams aufzuteilen. Am Montag ging das Projekt dann richtig los. Die ersten zwei Wochen behandelten wir in der Schule „Loyola“ direkt in Sucre, die darauf folgenden drei Wochen in dem Dörfchen Zudañez, ebenfalls in einer Schule der Organisation "Fe y Alegria". Generell war der Ablauf in beiden Schulen jedoch ähnlich. Wir wurden jeweils mit einem Pick-Up zusammen mit unserem Equipment in die Schule gebracht, in der wir montags zur „hora civil“ nach Nationalhymne und Rede des Rektors begrüßt wurden, bekamen ein Zimmer, in dem wir unsere Behandlungseinheiten aufbauen konnten und, sobald das geschehen war, behandelten.
Ab dem ersten Tag waren viele der Schüler neugierig und interessiert, was es zum einen oft einfach gemacht hat, ihnen Dinge zu zeigen und zu erklären (wie zum Beispiel die Mundhygiene), zum anderen konnte es auch etwas anstrengend werden, wenn man beispielsweise behandelte und plötzlich eine Gruppe Kinder hinter sich stehend zum Zuschauen und Faxenmachen wiederfand. Zur Zahngesundheit ist zu sagen, dass sie generell sehr schlecht ist. Viele der Bolivianer haben einen extrem hohen Zuckerkonsum, und es gab genügend Schüler, die von uns mit 8 Jahren ihre erste Zahnbürste bekommen haben. Daher haben wir viele tiefzerstörte Gebisse auch schon bei Kindern gesehen. Das Wissen über das Cariesgeschehen und seine Umsetzung in Form von Mundhygiene ist rudimentär, grundlegend anders als in Deutschland, was in mir das ein oder andere Mal auch Frust auslöste. Solche grundlegenden Defizite sind da jedoch nur schwer zu ändern. Immerhin haben wir in den 5 Wochen eine ganze Menge Kinder behandeln und viele Zähne Jahre oder Jahrzehnte länger halten können. Prophylaxe haben wir daher auch, neben den vielen Kompositfüllungen und Extraktionen, enorm wichtig genommen. Viele der Kinder hatten zudem kaum oder gar keine Erfahrung mit Zahnärzten, weshalb auch viele ängstlich waren, was uns zusätzliches Feingefühl abverlangte.
Die Schüler und die Belegschaft der Schule und deren Organisation waren alle superfreundlich und meistens auch hilfsbereit, teilweise jedoch etwas unorganisiert. Mit den Lehrern traf man sich auch mal zum Abendessen, mit den Kindern spielten wir auch schon einmal eine Runde Fußball oder Mensch-ärgere-dich-nicht.
Die Wochenenden haben wir mit einigen Städtetrips und Wanderungen ausgenutzt. Hier gibt es wunderschöne Landschaften und auch superinteressante Kultur, wie z.B. die der J'alqa, zu sehen und entdecken. Alles in Allem war das Projekt eine super Erfahrung, während der ich viel gelernt habe, viel Praxis bekommen habe und viele schöne Dinge gesehen und erlebt habe.
Lukas Haizmann
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