Kühnel, Sarah
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Huancarani, 13. - 31.Januar 2025
Nachdem ich 2 Tage lang verzweifelt meinen Koffer packte und
mich auf das nötigste beschränken musste, gab ich verzweifelt auf und reiste nun
mit Übergepäck. Für den Hilfseinsatz ist es erforderlich, dass verschiedene
Materialien nach Bolivien transportiert werden, weil diese dort schwer
erhältlich sind. Zum Glück bekam man vorab vom FCSM e.V. ein „Certificado“
zugesendet, denn meine von Duolingo und Babbel erworbenen Spanischkenntnisse
würden kaum ausreichen, um den Zöllnern auf eventuelle Fragen zu entgegnen. Alles
in allem hatte ich weder mit dem Gepäck noch mit den Flügen große Probleme und
konnte mich gut auf die vorab erhaltenen Handlungsempfehlungen verlassen.
Man muss sich dennoch darauf einstellen, dass die Uhren in
Bolivien etwas anders ticken. Eine 2h Flugverspätung wird hier als normal
angesehen, doch Henry wartete geduldig am Flughafen auf mich. Angekommen in
Huancarani erwarteten mich dort Ekkehard und Ralf. Doña Adela kochte uns etwas Leckeres und bereits am Abend wurde dann schon die erste Flasche „Toro“
entkorkt.
Einen Tag später assistierte ich zum ersten Mal, und das
Wochenende verbrachten wir damit, unsere Winkelstücke und Turbinen zu überprüfen und
auf Vordermann zu bringen. Ich war einerseits ziemlich begeistert, mit welcher
Geduld und Hingabe sich Ekkehard um die verwendeten Materialien kümmert,
andererseits aber auch ziemlich erschlagen, was es alles so zu beachten gibt. Doch
tatsächlich konnte ich dadurch einiges mitnehmen und war in der Lage, die
nächste Woche schon komplett eigenständig Patienten zu behandeln. Am Samstag
kam dann Yeeun an, eine weitere Voluntärin, mit der wir uns auf Anhieb sehr gut
verstanden, und so gingen wir auf unseren ersten Ausflug nach Sipe Sipe. Dort
aßen wir den traditionell bolivianischen Pastel mit Käse und tranken Apí.
Die Wochen drauf kamen immer mehr Patienten, teilweise bis
zu 30 an einem Tag und so waren wir froh, dass wir zeitnah Verstärkung von
Holger und dem Zahntechniker Werner bekamen. Auffällig ist, dass die Patienten
nicht mehr alle früh morgens erscheinen und den ganzen Tag warten, sondern
manche auch erst nachmittags kommen. Da gerade Ferien waren, kamen relativ
viele Kinder vorbei und auch hier waren die Milchgebisse sehr unterschiedlich
gepflegt. Man sieht extrem viele ECC-Fälle, die man in Deutschland eigentlich
in ITN behandeln würde. Da uns dies natürlich nicht möglich ist, bleibt einem
oft nichts anderes übrig, als zerstörte, symptomlose Milchzähne im Mund zu
belassen bis die bleibenden durchbrechen. Besonders interessant ist, wie gut
die Kommunikation mit den Kindern auch nonverbal funktioniert, und so hatte ich
den Eindruck, dass die Kinder sogar gerne kamen.
Um die verbale Kommunikation zu verbessern, nahmen wir
Spanischunterricht bei Thika, das kann ich nur empfehlen. Auch die liebevolle
Betreuung vor Ort durch Doña Adela und weitere Verwandte, die gerade zu Besuch
waren, lassen einen schnell ankommen und
sich heimisch fühlen. Eine tolle Abwechslung sind auch die Hunde, mittlerweile
gibt es sogar drei auf dem Grundstück.
Insgesamt fand ich die Arbeit in Huancarani sehr erfüllend.
Gerade in Deutschland ist man es gewohnt, dass Anforderungen und
Anspruchshaltungen oftmals nicht mehr erfüllbar sind. In Huancarani bekommt man
aber meist nur eine Reaktion zu spüren – Dankbarkeit.
Ich freue mich schon sehr auf meinen 2. Einsatz im April und
danke allen Beteiligten für diese tolle Zeit.
Sarah Kühnel
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