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Kapahnke, Hubert

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Huancarani, 26. August - 30. September 2022
(Dieser Bericht erschien am 22.11.22 in der Schwäbischen Zeitung/Leutkirch-Isnyer Ausgabe)
Ein gesundes Gebiss war die Ausnahme
Das Fazit von Zahnarzt Hubert Kapahnke nach zwei Monaten in Bolivien fallt unmissverständlich aus: ,,Gut vorstellbar, dass ich dieses Engagement wiederhole. Ich habe erlebt, mit wie wenig Aufwand und Hilfe man Menschen glücklicher machen kann“, sagt Kapahnke, der die Monate August und September in einer zahnmedizinischen Praxis in der Region Cochabamba im Nordosten des südamerikanischen Landes ehrenamtlich mitgearbeitet hat.
Das Ehepaar Hubert und Karin Kapahnke wohnt seit über 20 Jahren in Isny. Eine Praxis betrieb der Zahnarzt aber seit Mitte der 1980er—Jahre in Grünenbach, 36 Jahre lang, bis er sie wegen fehlender Nachfolger aufgab. Er hilft jetzt aber noch seinen Kollegen in Lindenberg bei Bedarf aus. Die beruflichen Kontakte zu Zahnarzt Ekkehard Schlichtenhorst in Nonnenhorn, dem Gründer eines „Consultorio Dental", also einer zahnmedizinischen Praxis für die indigene Bevölkerung im Hochland Boliviens, haben Kapahnke zu dem mehrwöchigen, ehrenamtlichen Volontariat geführt.
,,Ende August bin ich auf eigene Kosten ins Flugzeug gestiegen, um mich dann auf mein erstes lateinamerikanisches Abenteuer einzulassen. Wenn man erlebt, wie groß die Behandlungsbedürftigkeit der Menschen ist, wie verheerend die Gebissschäden bei Jung und Alt sind, dann werden die Entbehrungen des gewohnten Wohlstandes auf einmal ganz bedeutungslos", erzählt Kapahnke.
lm Flyer des ,,Consultorio Dental Huacarani" ist zu lesen: ,,Der Förderkreis Clinica Santa Maria e.V. besteht seit 1993 und ist ein Zusammenschluss von Zahnärzten, Zahntechnikern und zahnmedizinischen AssistentInnen." Diese hatten sich die zahnärztliche Betreuung unterversorgter Bevölkerungsgruppen Lateinamerikas zur Aufgabe gemacht. ,,Wir organisieren Arbeitseinsätze und finanzieren die nötigen Geräte, Instrumente und Materialien. Wir verstehen uns als unabhängige, weder politisch noch konfessionell gebundene Nichtregierungsorganisation. Alle Mitglieder und Mitarbeitenden arbeiten ehrenamtlich, ohne Bezahlung", heißt es weiter.
Es handle sich dort in der kleinen, vorwiegend indigenen Gemeinde Huancarani auf 2700 Meter um ein gemauertes Gebäude mit zwei Behandlungszimmern und seit kurzem mit einem Labor und einem Prophylaxe-Raum für die Zahnreinigung und zahnmedizinische Aufklärung. lm Obergeschoss befinden sich die Appartments für die Voluntarios, normalerweise zwei erfahrene ZahnärztInnen und zwei PraktikantInnen nach dem Studium.




Das Foto links zeigt Hubert Kapahnke (rechts) mit seinem Nachfolger Erwin Fessler im zahntechnischen Labor (Foto privat)
lm Zentrum stehen Doña Adela, die die Organisation managt, die kocht und für Sauberkeit sorgt und ihr Sohn Henry, der das Bindeglied zu den ehrenamtlichen Fachkräften aus Europa bildet. Er spricht Englisch, Spanisch und Quechua, die Sprache der Indigenen im Hochland Boliviens. Es ist freilich nur eine zahnmedizinische Grundversorgung möglich: Schmerztherapie, einfache prothetische Leistungen, prophylaktische Aufklärung und, wenn nötig, Extraktionen — alles dringend notwendig.
„Dass man mal ein gesundes Gebiss erlebt, ist die absolute Ausnahme", verdeutlicht Kapahnke.
Weil eine Terminvergabe für die Patienten nicht möglich ist, stellen sich die Menschen morgens vor der Tür auf und warten geduldig, bis sie der Reihe nach drankommen. Die zu behandelnden Patienten sind Selbstzahler, weil es keine gesetzliche Krankenkasse gibt. Sie bezahlen pro Behandlung zwischen 10 und 20 Bolivianos. 10 Bolivianos entsprechen 1,30 Euro, im Schnitt bezahlen die Leute also zwei Euro pro Behandlung. Man kann in diesem mit nur elf Millionen Einwohner nur dünn besiedelte Land, das dreimal so groß wie Deutschland ist, mit europäischen Verhältnissen überhaupt nichts vergleichen.
Kritische Situationen habe er nie erlebt, weder in der Klinik noch auf Reisen, erzählt Hubert Kapahnke — außer als eine Horde streunender Hunde auf ihn losgerannt sei. Am Ende seines Engagements hat ihn seine Frau besucht, um noch gemeinsam mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchs Land zu reisen. Die Erfahrung der extremen Natur, die fremde Kultur, die Begegnungen mit geduldigen Menschen — alles sei eine letztlich mit Worten unbeschreibliche Bereicherung gewesen.
Dr. Hubert Kapahnke
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